Ansicht umschalten
Avatar von Reverend_Jack
  • Reverend_Jack

mehr als 1000 Beiträge seit 15.01.2004

Glaube kann beliebig hin- und herwandern

> > Ganz falsch, was Du da sagst bzw. hoffst. Die evolutionären
> > Mechanismen konsequent durchdacht bedeuten sie, daß die Befürworter
> > der Evolutionstheorie schlechte Chancen haben:

> Unwahrscheinlich

Das sagst Du einfach so und nennst keine Gründe. Ich sagte Dir
bereits meine: Glaube kostet weniger Energie und aus der
Evolutionstheorie selbst sind wenige brauchbare Konsequenzen für die
Gesellschaft erfolgt. Die blöde Masse schlägt lieber in ein einfaches
System mentaler Beliebigkeit zurück, die Aufrechterhaltung rationalen
Dialogs, rationalen Schließens etc. ist teuer und unbeliebt. Es
braucht dazu eine Aktivierungsenergie, eine Intialzündung, nach der
ein Indiviuduum den (persönlichen) Nutzen der Rationalität erkennt.
Dieser Schwellenwert wird von der Masse nicht überschritten. Sie lebt
dahin wie Kühe auf der Weide, sie grasen und wollen von alledem
nichts wissen.

> > (a) Glaube verbraucht weniger Energie als kritisches Denken.

> Bist Du Dir da sicher? Glaube muß immer wieder gegen Logik und
> Vernunft erneuert werden, damit der Glaube bestehen bleibt. Warum
> denn sonnst die ganzen Kirchgänge?

Glaube kann sich alle Minute erneuern, und das ohne große mentale
Kosten. Man glaubt eben noch dieses, nun jenes, die Beliebigkeit ist
keine Behauptung sondern empirische Tatsache, einige Blicke in die
Menschen genügen dazu. Sicher kann man auch noch einen sehr
ausgefeilten Glauben aufbauen, der durch theologische Überlegungen
gerahmt und gefestigt wird oder durch Institutionen und dadurch, daß
er durch viele Menschen getragen und somit Normalität wird. Aber
sobald der steht, ist er billig, denn er muß nicht hinterfragt
sondern kann einfach hingenommen werden, wohingegen ein rationales
System auch fortwährenden Zweifel an sich aufrechterhalten muß. Sehr
teuer.

Vernunft hingegen will sich diese Beliebigkeit (und Einfachheit)
nicht geben, denn das würde sich widersprechen. Die Kosten sind hoch,
und bis der rationale Mechanismus zum Selbstläufer wird, braucht es
Investitionen.

> Kritisches Denken wird zwar immer wieder an die Realität angepaßt,
> aber es ist wie beim rechnen, irgendwann ist es ganz leicht, eine
> kleine Fingerübung sozusagen.

Nur daß eben die Masse weit vorher aussteigt. Diese Beliebigkeit ist
sogar in den Universitäten angelangt in Form postmoderner
Gleichgültigkeit. Sie können von ihrer Schlagkraft nicht gegen
rationale Systeme antreten (etwa Mathematik, auch Informatik, große
Teile der Naturwissenschaften), aber hier macht es ihre menschliche
Masse, weshalb sie nicht untergehen. Und was erleben wir? Nicht die
rationalen Systeme dehnen sich aus sondern degenerieren und passen
sich der Dummheit der Gesellschaft an und der Dummheit etwa der
Gesellschaftswissenschaftler (wo nicht das Thema unwichtig ist
sondern die Praktizierenden schlicht oftmals unfähig sind). Man sieht
daraus, daß es nicht notwendig ist, nahe an der Wahrheit zu liegen
oder rational zu denken, man darf nur nicht allzu empfindlich gegen
die Überlebensgrundlagen verstossen, alles über diesem Schwellenwert
ist auf die kognitive Kapazität der Massen angepasst.

> Als ob es die Natur interessieren würde, welche Modelle wir von ihr
> haben.

Eben. Und darum kann man völlig Recht haben und trotzdem untergehen,
weil die anderen einfach an die Erfordernisse oder Begebenheiten
besser angepasst sind.

> Aus dem Gottglauben erwächst für den menschlichen Normalbetrieb kein
> brauchbares Wissen, denn bis zu Moses/Jesus/Mohamed haben
> Gesellschaften auch ohne sie bestehen können, danach wurde für den
> Normalbetrieb wenig Nützliches daraus abgeleitet.

Falsch. Religionen auch in ihrer primitiven Form waren
gesellschaftsformend, indem sie Regeln des Zusammenlebens schufen:
Institutionen sind nützlich, da sie Unsicherheit reduzieren und
Handlungssicherheit und somit gesellschaftliche Stabilität liefern,
denn daran orientieren sich dann die Formen der Arbeitsteilung,
Kooperation, Koordination. Resultat: Die Überlebensfähigkeit der
Gesellschaft steigt, der Nutzen war hoch.
Rationalität hat diese Formen des Zusammenlebens zwar optimiert, aber
der Aufwand ist hoch und die Masse trägt ihn nicht mit. Der Nutzen
ist - mit diesen Menschen - also eher gering.

> Ich kann Dir bis auf die egalität der Modelle (bezüglich
> Verifikation) bedenkenlos zustimmen.

Es geht nur darum, daß die Modelle für den Plebs gleichwertig sind.
Daß sie tatsächlich sehr unterschiedlichen Wahrheitsannäherungen
sind, das ist eine Feinheit, die Du nur mit wenigen Leuten wirklich
diskutieren kannst.

> Von göttlicher Pflicht und Aufgabe kann keine Rede sein, denn die
> Religionen dienen nur den Interessen (profanes Macht und Geldstreben)
> des Klerusses.

Du sagst das mit so einer gewissen Abwertung, scheint es mir. Dabei
sind eben diese Motive die einzig Dauerhaften.

> Das schärfste Schwert gegen Irrationalität und Aberglaube ist nach
> wie vor die Satire ...

Reines Selbstmitleid, reiner Galgenhumor. Was hat es letztlich
gebracht außer jenen kurzfristige Erleichterung zu geben, die unter
dieser Dummheit litten? Die Antwort: Nichts!

> Das einzige Mittel, das gegen Vernunft gewirkt hat ist nackte Gewalt!
> Siehe hierzu auch die gegenwärtigen Zensurbedürfnisse der Religiösen
> und die Religionskriege mit ihren Zwangstaufen.

Und wieder falsch. Zensur und allerlei Machtmittel sind primitiv, und
sie werden vielleicht von jenen verwendet, denen sie in die Hände
fallen, die braucht es aber nicht, um ein System der Irrationalität
zu erhalten. Du kannst der Masse alle Informationen geben, in  bunten
Bildern und animiert. Es nutzt nichts. Das einzige, das man als
weiser Lenker machen kann sobald man die Möglichkeit dazu hat, ist,
die ungelenkten Kräfte der Menschen dazu zu nutzen, etwas Stabiles
aufzubauen und sie ansonsten zu reduzieren, damit sie in ihrer Masse
abnehmen.

> ... aber gänzlich ohne Vernunft geht es nicht.

Alltagsvernunft vielleicht. Die reicht bis zum Gartenzaun -
bestenfalls.

Bewerten
- +
Ansicht umschalten