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  • bbirke

mehr als 1000 Beiträge seit 22.12.2004

Anti-Hartz IV-Pillen ... ggf. auch außerhalb des Kapitalismus nötig

Ich frage mich, wo die DAK die Daten her hat, wenn es um
Dunkelziffern und nicht um ärztlich verschriebene Medikamente geht.

Tatsache ist, dass man heute unter allen Umständen Hartz
IV-Abhängigkeit vermeiden sollte. Mir wäre auch ein bedingungsloses
Grundeinkommen lieber, aber wir haben das leider (noch) nicht. 

Nun haben Menschen von Natur aus unterschiedliche Fähigkeiten zu von
außen gegen ihren Willen geforderten Dingen wie Fleiß und Disziplin.
Selbstdisziplin, die Gewaltanwendung gegen sich selbst, wo man im
Sinne der äußeren Sklaventreiber sein eigener Sklaventreiber wird,
hat nicht jeder im gleichen Maß. Ohne bekommt man aber ganz schnell
Probleme, also ist es doch das kleinere Übel, statt sich zu quälen,
sich lieber per Pille für eine Weile in eine Art menschlichen Roboter
zu verwandeln. 

Früher war jemand, der zu dieser Gewalt gegen sich selbst nicht fähig
oder willens war, eben "faul" und damit schuldig, durfte vermeintlich
zu Recht verachtet und schikaniert werden. Heute erkennt man halt
alle solche Sachen zunehmend als mangelnde Fähigkeiten oder leichtere
psychische Störungen an. Daher auch die vielen "neuen", leichteren
psychischen Krankheiten, wie Burnout, ADHS und anderes, was von
Vertretern der schuldhaften "Faulheit" oft als Modediagnosen abgetan
wird.

Doch die Selbstversklavung endet nicht, wenn man Fabrik oder Büro
verlässt: zuhause soll man dann auch noch Pflichten erfüllen, Kinder
versorgen, blöde Haushaltsarbeiten und Formalitäten wie
Steuererklärung erledigen, wird gegebenenfalls ständig von
Partner/Partnerin für Unordnung und Faulheit angemeckert. Also muss
man auch da Pillen nehmen, wenn man sich nicht ständig mit Gewalt
gegen sich selbst zu sowas quälen will (Alternative: Messie-Wohnung,
verwahrloste Kinder, Steuerschätzung usw.).

Da ist in der Tat auch für selbst gesetzte Ziele eine
Selbstoptimierung mit Medikamenten nötig, denn reine Selbstdisziplin
ist zum einen Quälerei, zum anderen begabungsabhängig und kann nicht
von jedem gleichermaßen erlernt werden.

Viele dieser Medikamente sind wirklich harmlos, wie etwa
Methylphenidat (Markenprodukt "Ritalin"), das nur bei wenigen schwere
Nebenwirkungen hat, oder modernere Antidepressiva. Daher halte ich es
für verantwortungslos, auch den Menschen gegenüber, die Medikamente
zu verteufeln und die Betroffenen in der Vergangenheit festzuhalten,
wo sie mit den Konsequenzen ihrer vermeintlich schuldhaften Faulheit
und Disziplinlosigkeit leben mussten.

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