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  • Kanickel

mehr als 1000 Beiträge seit 17.09.2008

Schwerwiegender Schwachsinn :-(

Es geht schon superheftig los:

>  Nach dem Fall der Mauer entstand in den USA und später auch in Westeuropa das 
> falsche Selbstverständnis, der Westen habe den Kalten Krieg "gewonnen". Dabei war 
> das im Grunde genommen gar nicht der Fall. Die andere Seite ist lediglich 
> freiwillig im Rahmen einer Friedensinitiative aus dem Kalten Krieg 
> ausgestiegen. Das ist ein Unterschied. 

Das ist ja fast schon eine geschichtsrevisionistische Position. Und
mit so einem grob fiesen Hammer fängt der Mist erst an! 

Der "Kalte Krieg" wurde als "Kampf der Systeme" definiert. Nicht als
"Kampf des orthodoxen Kulturkreises mit dem protestantischen
Kulturkreis". Real existierender Kommunismus, also Gulags, Diktatur
und Geheimpolizei gegen die "Freie Welt". Oder Kürzer: Kommunismus
gegen Kapitalismus. Russland ist zwar kurz freier geworden nach der
Wende, aber Gulags und Diktatur sind wieder da. Und die Geheimpolizei
hat mit der Person Putin die Regierung übernommen. Zum Thema "Links"
und "Kommunismus" empfehle ich diesen kurzen Text von Tissy Bruns:

> http://www.tagesspiegel.de/meinung/die-verlogene-unschuld-des-kommunismus/3693620.html

Aber sehr kapitalistisch ist Russland geworden. Unter dem Strich hat
nach "Kapitalismus gegen Kommunismus" der Kapitalismus gewonnen.
Fertig aus. Da kann man viel dumm herumreden und -interpretieren, wie
ich das hier schon gemacht habe. Ändert aber nichts an der
grundsätzlichen Tatsache. Der Kapitalismus hat gewonnen. Die Freiheit
vielleicht nicht. Schade.

Darauf aufbauend schichtet dieser Ritz noch viel mehr Blödsinn:

>  Traditionell gibt es drei Kulturkreise in Europa: den katholischen, den protestantischen und den orthodoxen Kulturkreis.

Was für ein Schwachsinn. Es gibt ZWEI Kulturkreise. Orthodox und
Römisch. Zweischen dem protestantischen und dem katholischen
"Kulturkreis zu unterscheiden, bzw. diesen Unterschied dem
Unterschied zum orthodoxen gleichzusetzen ist schon wieder ziemlich
unverständlich. Man gucke sich die Verteilung (auch und besonders
historisch) von Katholiken und Protestanten in Europa an. Die sind
geografisch völlig verteilt. Erst kommen die Katholiken in Portugal
und Spanien, dann Frankreich (auch irgendwie katholisch, aber durch
die Revolution nicht so ganz), dann der Flickenteppich Heiliges
Römisches Reich, mit viel Protestanten, aber auch Katholiken, dann
wieder mehr Katholiken, z.B. in Polen und Kroatien. Bei letzterem
haben die Katholiken Berührung mit den Orthodoxen in Serbien und den
Muslimen in Bosnien. Scholl-Latour hatte die Kriege im ehemaligen
Jugoslawien immer vornehmlich als Religionskonflikte interpretiert. 

Aber dann lässt sich (und das wird so in den "ordentlichen" Politik-
und Geschichtswissenschaften gemacht) eine halbwegs saubere Grenze
zwischen dem historischen Mitteleuropa (katholisch/protestantisch)
und Osteuropa (orthodox) ziehen. Wobei Polen, die Tschecheslowakei
und Ungarn zusammen mit Deutschland zu Mitteleuropa gehören. Viele
Menschen ziehen ja im Kopf die Grenze zu Osteuropa da, wo der Eiserne
Vorhang verlief. Ziemlich geschichtsvergessen. Aber nicht so
blödsinnig wie das, was der Ritz macht, indem er den kulturellen und
geschichtlichen Graben zwischen der Westkirche und der Ostkirche dem
zwischen Protestanten und Katholiken gleichsetzt. Gerade in
Deutschland weiß man, wie idiotisch das ist.

> Nach dem Ende des Kalten Krieges setzte sich stattdessen die Wahrnehmung durch, 
> dass es in kultureller Hinsicht nur noch ein Europa gäbe, nämlich das Europa, 
> das den Kalten Krieg "gewonnen" hatte, also letztlich Zentraleuropa, das sich 
> im Wesentlichen aus Deutschland, Großbritannien, Benelux und Teilen von 
> Skandinavien zusammensetzt.

Wie kommt Ritz auf diese komische Zusammenstellung von Ländern, in
der Frankreich nicht im westlichen Block ist, während die realtiv
unbedeutenden Benelux-Staaten und Skandinavien erwähnt werden? Ganz
einfach: Um sich seine schöne "Theorie" vom dominierenden
protestantischen Kulturkreis nicht kaputt zu machen. Ist natürlich
auch Blödsinn, Italien und Spanien als stramme NATO-Mitglieder
rauszulassen aus dem "Kalte-Krieg-Gewinnderkreis", dafür aber
Schweden drin zu haben. Die Protestanten in der Schweiz spielen
natürlich keine Rolle. Weil es auch nicht zur Theorie passt. 

Und es geht gleich weiter mit dem Blödsinn:

> Es waren zugleich die Gesellschaften, die nach dem Ende des zweiten Weltkriegs 
> am meisten amerikanisiert worden sind und die den Neoliberalismus der letzten 
> 30 Jahre am stärksten verinnerlicht hatten.

Ja, klar. Schweden, Norwegen und Dänemark sind total neoliberal.
Irgendwie zimmere ich mir schon meine Welt, wie sie mir gefällt, was?

> Das ehemals sozialistische und zuvor Jahrhunderte lang vom Katholizismus 
> geprägte Osteuropa musste im Zuge der EU-Osterweiterung gewaltige Veränderungen, 
> nämlich sogenannte Strukturanpassungsmaßnahmen über sich ergehen lassen. 

Hatte ich ja eben oben erklärt. Die katholischen Länder zu Osteuropa
zu zählen ist geschichtsvergessen. Das ist traditionell Mitteleuropa.
Und wird es zu großen Teilen gerade wieder. 

> Rumänien, Bulgarien und Griechenland machen nur einen recht kleinen Teil des orthodoxen Kulturraums aus.

Um nicht zu sagen, dass sie gar nicht dazugehören. Denn Griechenland
und große Teile Bulgariens waren bis weit ins 19. Jahrhundert unter
osmansicher Herrschaft. Gehörten also im Grunde zum muslimischen
Kulturkreis. 

Aber wer guckt schon in die Geschichte? Der Hauke Ritz ganz offenbar
nicht. Wozu auch. Stört doch nur, wenn man sich sein
Phantasie-Weltbild zusammenzimmert.

Sorry, aber hier breche ich jetzt ab. Das ist so weit weg von der
Realität, wie es nur sein kann. Als wenn der Typ auf einem anderen
Planeten wohnt. Völlig unabhängig von der etablierten
Geschichtsschreibung auf allen Gebieten. Er gleitet dann ja auch ab
in völlig abstruse Verschwörungstheorien.

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