In der Stadt sehe ich ein junges Elternpaar. Er telefoniert, sie wischt auf ihrem Smartphone herum. Das vielleicht vierjährige Kind trottet zwischen ihnen verloren vor sich hin. Merken sie nicht, welche Missachtung sie ihrem Kind entgegenbringen? Und wie einsam es zwischen ihnen ist?
Schon richtig, sie merken vielleicht wirklich nicht( mehr).
Allerdings find ich, ist die Kritik einseitig, wenn sie nicht gleichzeitig die mindestens Mit-Verursacher mit in die Verantwortung nimmt. Wer bitteschön wirft denn diese Gadgets, die Mäuseklaviatur mit immer neuen aufspielbaren Varianten von 'app- dir -dies -und- app- hast- da' auf die Märkte?
Und wer hält diejenigen Mitmenschen für 'hoffnungslos oldschool', die diesen Smombifizierungsappwahn, den auch Konzerne fordern ( siehe bspw.auch Die Bahn) nicht gewillt sind, mitzumachen?
Wenn Sie hier schrieben:
Der Konsumgeist hat ein Übriges getan, die zwischenmenschlichen Beziehungen unterhöhlt und einen asozialen Individualismus hervorgebracht.
Ihre Not wird als individuelles Versagen gedeutet; die alten Solidaritäten und Möglichkeiten gemeinschaftlichen Handelns sind dahin.
Seh ich da keinen 'Geist', sondern von Menschenhand und - denken gnadenlos marktradikale Durchsetzung von auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Konzerne.
Dann wären aufeinmal die Eltern des besagten Kindes, die genauso in die Mühle geworfen wurden, ja auch, mit dem Vorwurf beworfen, ob sie nicht sehen, bzw. ob sie nicht( mehr) empfinden, was auch mit ihnen geschehen ist, die individuell beschuldigten Opfer.
An anderer Stelle, wo Sie über das Lachen schrieben...das brachte mich auf einen Gedanken in etwas anderem Zusammenhang, aber vielleicht ist der nicht unpassend.
Angesichts von Horror, dem, was schier unmöglich scheint, zu (er)tragen, sprach eine Biografin von Hannah Arendt einmal von 'Transgression'. Oder auch Kant: Über 'die heilsame Bewegung des Zwerchfells'. "Im Loslassen kreiert der Mensch eine Transgression, eine freiheitliche Überschreitung, einen Moment, der notwendig mehr ist als das normale verbleiben in Sinn und Verstand." ( -> Marie-Luise Knott: 'Verlernen- Denkwege bei Hannah Arendt').
Vielleicht- betr. Ihren 2. Artikel-Teil: bräuchten wir ein Lachen-Lernen- "Ministerium".
Nicht missverstehen bitte: das meint nichts, ganz und garnichts, was mit dem Lachen der Täter ( siehe bei Klaus Theweleit) zu tun hat, sondern das, was unsere Muskulatur wieder in Spannung versetzt, statt sie, in gegenseitiger Gleichgültigkeit sozusagen, erschlaffen zu lassen. 'Es gilt, keine Zeit zu verlieren. Der ganze Ernst der Wahrheit steht auf dem Spiel' ( sagt die Biografin von Frau Arendt).
Vielen Dank für die beiden wirklich lesenswerten Artikel, denen ich nicht widersprechen, sondern lediglich diese Anmerkung beifügen wollte.
MfG
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (31.07.2024 22:46).