Ich denke, bei der Bewertung der sozialen Gerechtigkeit wird die Rolle der sozialen Ungleichheit überschätzt. Schon John Rawls - der mit Fug und Recht als "liberal" im Amerikanischen Sinne bezeichnet wurde - hat in seiner Theorie der Gerechtigkeit die zwei wichtigen Prinzipien beschrieben, die die Grundpfeiler der Gerechtigkeit bilden: Eine möglichst gute Absicherung im "Worst Case" (Maxi-Min-Prinzip) und eine Gleichverteilung der Chancen in einer Gesellschaft.
Und genau bei letzterem hakt es doch in Deutschland: Wer bei Lidl 40h/Woche an der Kasse sitzt, verdient netto ein paar hundert EUR mehr, als jemand der zu Hause mit Hartz-IV vor dem Fernseher abhängt. Die Chancen durch Sparen oder Überstunden seine Lage zu verändern liegt bei praktisch Null. Ein Eigenheim ist komplett unerschwinglich. Ein Neuwagen unbezahlbar. Und die Möglichkeit der Reisefreiheit bleibt theoretisch, weil der Sommerurlaub im Süden während der Ferien für eine ganze Familie leicht nördlich der 5000,- EUR Grenze liegt.
Soll Elon Musk doch seine 400.000.000.000 USD verdoppeln oder verzehnfachen. Darin besteht nicht die Ungerechtigkeit, sondern in der Tatsache dass die geringen Einkommen trotz Fleiß und Einsatz für immer oberhalb nur knapp oberhalb des Existenzminimums bleiben.
Aber das zu ändern ist keiner bereit: Den die Schmarotzer unserer Gesellschaft sind nicht die Elon Musks und Jeff Bezos, sondern der überbordenden Aparat an Apparatschiks im Staatswesen, bei den Sozialkassen, den Ämtern, den Berufsgenossenschaften, Handelskammern etc. pp. Sie sind diejenigen, die von diesem System profitieren. Sie sind diesigen, die wortwörtlich der Lidl-Kassierin 50% ihres Bruttolohns wegnehmen und von diesem Geld leben. Und sie sind diejenigen, die an den Schalthebeln unserer Gesellschaft sitzen, gaaaaaanz sicher zu stellen, dass sich an diesem System nichts ändert.
Aber das Fingerzeigen und der Neid aus die Elon Musks dieser Welt gehört zum System: Es soll davon abgelenkt werden, wo das Geld wirklich hingeht und wer am meisten davon profitiert. Die Bourgeoisie ist nicht mehr der Unternehmer. Es sind die Beamten und Staatsbediensteten, die über die arbeitendenen Klasse und die Unternehmer gleichsam herrschen und beide zum eigenen Vorteil ausbeuten.
Doch:
Es tritt [...] offen hervor, daß die Bourgeoisie unfähig ist, noch länger die herrschende Klasse der Gesellschaft zu bleiben und die Lebensbedingungen ihrer Klasse der Gesellschaft als regelndes Gesetz aufzuzwingen. Sie ist unfähig zu herrschen, weil sie unfähig ist, ihrem Sklaven die Existenz selbst innerhalb seiner Sklaverei zu sichern, weil sie gezwungen ist, ihn in eine Lage herabsinken zu lassen, wo sie ihn ernähren muß, statt von ihm ernährt zu werden. Die Gesellschaft kann nicht mehr unter ihr leben, d.h., ihr Leben ist nicht mehr verträglich mit der Gesellschaft.
MfG
Mr Hardware