gerddie schrieb am 20.07.2022 08:32:
Bei so manchem ihrer Worte stimme ich zu, aber ...
Captain Data schrieb am 20.07.2022 07:49:
Der Klimawandel ist abstrakter Natur, weil langfristig und möglicherweise nicht einmal mehr zu unseren Lebzeiten in kritischem Maße zutreffen.
Definieren Sie "unsere" - wir sehen jetzt schon Hitzewellen in Nordafrika, Ländern der arabischen Halbinsel und Indien, die es vorher so nicht gab, und der Golfstrom wird langsamer. Das Weltklimasystem ist ein dynamisches System, das lange Zeit relativ stabil war, aber jetzt kommt es immer näher an einen Kipppunkt, und wenn es kippt, dann kommen rasante Veränderungen, die uns teurer zu stehen kommen werden, als jetzt in klimaneutrale Technologie zu investieren.
Afrika ist heiß. Das war's auch schon zu Zeiten der Römer. Auch damals schon war der Norden des Kontinents größtenteils von Wüsten bedeckt und wenig lebensfreundlich. Und auch vor 2000 Jahren gab's Hitzewellen, Dürreperioden, Umweltkatastrophen.
Ich gehe mit, dass Sie recht haben bezüglich des dynamischen Klimas. Das Klima hat sich schon IMMER gewandelt, seit der Planet eine Atmosphäre hat. Vor 100 Millionen Jahren sah das Klimna gänzlich anders aus. Wussten Sie, dass Nord- und Südpol seltener von Eis bedeckt waren als frei von ebendiesem? Womöglich sind das Überreste aus der letzten Eiszeit, wie übrigens mancher Gletscher auch. Die letzte Eiszeit ist so über 10.000 Jahre her und wir befinden uns noch immer in der Erwärmungsphase. Einfach mal einen Klimahistoriker fragen, der nicht der allgemeinen Panik verfallen ist, sondern sich beispielsweise mit den Bohrkernen aus dem Eis und Gestein beschäftigt, der wird Ihnen bestätigen, dass es den Klimawandel gibt - und das schon lange, bevor der Mensch dabei war, irgendwelchen Dreck in die Luft zu blasen.
Ein Kipppunkt auszumachen halte ich für unwissenschaftlich, dazu sind die Zeiträume viel zu groß, die überblickt werden müssen. Schon die letzten 2000 Jahre zeigen, dass das Klima SEHR dynamisch sich verhalten kann und beispielsweise der kleinen Warmperiode in der Antike eine "kleine Eiszeit" im 18. Jahrhundert folgte. Gut möglich, dass auch in 20 Jahren wir uns drüber unterhalten, wie man die strengen Winter mit technologischen Mitteln kompensieren kann, weil auf einmal sich das Klima in die andere Richtung entwickelt und es global betrachtet kälter wird und mehr Niederschlag hat.
Also wenn hier CDU-Politiker vorschlagen weiter Braunkohle zu verbrennen, und in Deutschland mit dem Fracking anzufangen, dann sind das sowohl aus der Sicht des Klima- als auch des Umweltschutzes betrachtet, unsinnige Ideen. Wenn man allerdings bedenkt, dass es letztlich die CDU-geführte Regierung der letzten Jahre war, die die Investitionen in erneuerbare Energien ausgebremst hat, dann sind derartige Vorschläge nicht überraschend.
Und jetzt stehen wir mal auf der selben Seite: ich lehne die Braunkohleverstromung ab und sehe im Fracking-Gas eine noch größere Sünde. Unsere Energieversorgungssicherheit muss NICHT gewährleistet werden, indem ganze Landstriche unbewohnbar gemacht werden. Und da ist auch mein Argument: nicht das Klima ist ausschlaggebend für meine Ablehnung, sondern die massive Umweltzerstörung vor Ort.
Hier braucht es eine sinnvolle Alternative und die ist aktuell wohl, lieber die Atomkraftwerke zu reaktivieren. Das geht aber nicht schnell, womöglich nicht einmal mehr bis zum Winter, weil viele abgeschaltete Kraftwerke ja teilweise sich im Rückbau befinden und damit erst einmal neu ausgestattet und sicherheitstechnisch abgenommen werden müssen - selbst dann, wenn der Reaktor selbst nicht berührt wurde, sondern nur die Kontrollsysteme.
Wohin mit dem strahlenden Müll? Zufälligerweise gibt es in Deutschland eine einsatzbereite, aber nicht genutzte Aufbereitungsanlage, die den Atommüllberg deutlich verkleinern könnte. Die Suche nach einem Endlager ist damit zwar nicht vom Tisch, aber selbst wenn nur jede zweite Tonne Atommüll vermieden werden kann, hat sich die Belastung eben halbiert und der Zeitrahmen für die Suche etwas entspannt.
Übrigens wäre der Verzicht auf Braunkohleverstromung mit dem Vorteil verbunden, dass notfalls die Kohle hydrolisiert bzw. zu Gas verarbeitet werden kann, um dann beispielsweise in Glashütten oder in der chemischen Industrie den Ausfall russischer Importe zu kompensieren. Eine dauerhafte Lösung wegen der hohen Umweltschäden kann das aber nicht sein, da braucht es andere Optionen.
Der Ersatz von russischem Gas durch LNG und speziell Frackinggas ist natürlich auch in keiner Weise zielführend, außer man will die energie-intensive Industrie in Deutschland vom Weltmark verbannen, weil sie dank der gestiegenen Preise nicht mehr konkurrenzfähig wären. Das wäre dann aber einfach Teil des Kampfes um die Neuaufteilung der Märkte und hat nichts mit Klimaschutz zu tun.
Am Ende führt wohl kein Weg vorbei, als die Wette auf die Ukraine gegen Russland als "verloren" zu betrachten. Die Ukrainer können den Krieg nicht gewinnen, egal, wieviele Waffen noch ins Land geliefert werden. Jeder Tag mehr fordert nur Opfer und mehrt das Leid. Und natürlich dauert es dann auch länger, bis mit dem Wiederaufbau angefangen werden kann.
Man hat im letzten halben Jahr ALLE Brücken zu Russland abgerissen, die in 30 Jahren nach Ende des Kalten Krieges aufgebaut worden sind. Mich würde es wirklich nicht wundern, wenn Russland unter Putin nicht mehr Willens ist, mit der EU und deren Mitgliedsstaaten zu verhandeln. Vielleicht verkauft er uns ja wieder Gas, aber dann halt mit Aufschlag und mit Optionen, jederzeit den Gashahn zuzudrehen. Unsere Verhandlungsposition ist schwach, geschwächt durch unsinnige Sanktionen und Parteinahme in einem Konflikt, der uns eigentlich nichts hätte angehen dürfen (abgesehen von Protestnoten und humanitärer Hilfe).
Sollte durch irgendein Wunder die Ukraine das Kriegsglück wenden und einen "weißen Frieden" ertrotzen, bleiben wir trotzdem in schwacher Verhandlungsposition. Also selbst wenn die Ukraine "gewinnt", ist das Verhältnis zu Russland schwer geschädigt. Und was kann das zerstörte Land bieten, dass auch nur ansatzweise die ausbleibenden Gas-, Chemie- und Getreideimporte aus Russland ersetzt werden könnten?
Man kann aber auch den Klimaschutz ganz außen vor lassen, und einfach einmal feststellen, dass die Schonung natürlicher Ressourcen immer Sinn ergibt.
Und wenn man sich in Deutschland darauf konzentrieren würde, solche ressourcenschonenden Technologien zu entwickeln, dann wäre das keinesfalls falsch. Im Hau-Ruck-Verfahren und mir der Brechstange geht das allerdings auch nicht.
Da geh ich mit und lass diesen Teil unkommentiert zur Wirkung stehen.
Im übrigen hat Putin anscheinend verkündet, dass sich Gazprom an die Verträge halten wird, dass das Gas nach der Wartung also wieder strömt. - Aber diese Ansage war eigentlich auch in keiner Weise überraschend.
In Russland scheint noch immer römisches Recht ernstgenommen zu werden: Pactum sunt servanda.
Ich würde es ihm aber wirklich nicht übelnehmen, wenn er sagt, dass er dem unzuverlässigen Westen keine Rohstoffe mehr verkaufen wird, wenn diese doch nur benutzt werden, um Russland und seiner Bevölkerung zu schaden oder die Kriegsmaschinerie mit Ressourcen zu versorgen. Zuverlässiger sind womöglich Indien oder China als Handelspartner.
Wenn dann Indien die Chance erkennt und günstig russisches Gas verkauft und zum fünffachen an Europa weiterverkauft, können die ihre Wirtschaft hochziehen mit den verdienten Devisen - und trotzdem wäre das Gas dann aus Indien billiger als das LNG aus den USA.
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Wir hätten alles einfacher haben können und stünden nicht da, wo wir heute stehen dank Habeck, Baerbock und Scholz. Die Saat für das Chaos heute wurde aber bereits 2014 mit den Maidan-Aufständen gesät.