Durchhalteparolen von Realitätsverleugnern

Die deutsche "Energiewende" dauert nun ja schon einige Zeit, und das Resultat ist, dass Deutschland eines der europäischen Länder mit den höchsten CO2-Emissionen pro Kopf, der höchsten carbon intensity für die Stromproduktion und gleichzeitig abwechselnd mit Dänemark (billiger Windstrom? - eben nicht, wenn das Gesamtsystem mit Backup berücksichtigt wird) der Rekordhalter bei den Strom-/Energiepreisen.

Aktuell hat nur gerade Polen konsistent höhere Emissionen für die Stromproduktion, aber Polen plant immerhin in ziemlich großem Maßstab den Ersatz von Kohle mit Kernenergie, während Deutschland verrückterweise das Umgekehrte macht.

Aber noch immer gibt es die Durchhalteparolen. Nicht auf die im internationalen Vergleich hohen deutschen Treibhausgas-Emissionen schauen. Es ist alles wunderbar, die Energiewende ist auf einem guten Weg, Deutschland geht der Welt voran. Speichertechnologien werden die Probleme mit der Wetterabhängigkeit von Solar- und Windenergie hinfällig machen, und nur ja nicht darüber nachdenken, dass diese Technologien alles andere als für Anwendungen im erforderlichen Maßstab bereit sind und voraussichtlich sehr teuer werden. Alles ist in bester Ordnung und nur ein paar böse Rechtspopulisten wagen das zu bezweifeln.

Ich frage mich, wie lange diese verzweifelten Durchhalteparolen noch ausgegeben werden und zumindest noch von einem bedeutenden, wenn auch kleiner werdenden Teil der Bevölkerung geglaubt werden. Irgendwann werden sie wahrscheinlich so lächerlich klingen, dass nicht mehr viele sie ausgeben werden, aber aktuell sind wir noch nicht so weit. Die Frage ist, wann es so weit sein wird. Zwei Möglichkeiten wären:
- Wenn Deutschland nicht mehr nur unter den europäischen Ländern mit einer schlechteren Klimabilanz ist, sondern wirklich das schwarze Schaf mit der schlechtesten Klimabilanz. Die Chancen, dass das eintreten wird, stehen ziemlich gut. Einige mittelosteuropäische Länder, bei denen aktuell Kohle noch einen großen Anteil hat, setzen auf Kernenergie und werden voraussichtlich in einigen Jahren deutlich tiefere Treibhausgas-Emissionen haben.
- Wenn Deutschland die Emissionsziele für 2030 nicht nur verpasst, sondern mit großem Abstand verpasst.

Natürlich kann man jetzt noch behaupten, die Tatsache, dass Deutschland aktuell zu den europäischen Ländern mit besonders hohen Treibhausgasemissionen pro Kopf gehört, bedeute keineswegs, dass die deutsche Energiewende gescheitert sei, das seien nur ein paar kleinere vorübergehende Probleme, und schon bald würde der Durchbruch kommen, und die Welt würde die gloriose deutsche Energiewende bestaunen. Ähnliche Durchhalteparolen, man würde bald den Westen überholen, gab es ja auch im letzten Jahrzehnt des osteuropäischen und ostdeutschen Realsozialismus. Zu einem gewissen Zeitpunkt glaubten es noch einige, dann immer weniger, und irgendwann wurde es komplett absurd. Davon sind die Beteuerungen, Deutschland sei bei der Energiewende auf einem guten Weg angesichts der Unmengen von Kohle, welche Deutschland verbrennt, und der Bittgänge um LNG-Lieferungen, auch nicht mehr weit entfernt.