Ja, sowas kriegt man auch zu hören, wenn man sagt, dass man vor Tunneln keine Angst haben muss: 'Ziemlich absurd wie Sie das abtun. Ich bin sicher Sie sind Architekt, Statiker, Materialtechniker und Geologe in einer Person, die das "natürlich" bestens beurteilen kann.'
Egal ob Tunnelunfall, Flugzeugabsturz oder aktuell grad "Vielleichtganzwirklichschlimmetodesseuche": immer, wenn Vorkommnisse, die sonst nur in Fachkreisen Beachtung gefunden haben, die dort rational und im Verhältnis zur Häufigkeit behandelt wurden, stattdessen im Akkord in die allgemeine Öffentlichkeit geblasen werden, bildet sich dort erst ein "Gefühl" und dann eine Bestätigung. Der "gesunde Menschenverstand" bleibt da oft auf der Strecke, wenn man nicht auch mal ein, zwei Schritte zurücktritt und sich dem medialen Dauerbeschuss entzieht um durchzuatmen und "wieder zu Sinnen zu kommen".
Gehen wir doch mal zwei Jahre zurück und schauen, wieviele Berichte über Virenmutationen oder mögliche Todesseuchen sich da in FAZ, Spiegel, Bildzeitung und Tagesschau fanden. Und dann vergleichen wir das mal mit den letzten Wochen und Monaten.
Oder mal zum Spaß die Suche in Google nach "Virus Mutation":
Zeitraum 6 Monate, 3.3.19 - 3.9.19: ungefähr 191.000 Ergebnisse
Zeitraum 6 Monate, 3.9.20 - 3.3.21: ungefähr 8.590.000 Ergebnisse
Das Verhältnis wird klar, oder? Deshalb verstehe ich durchaus, warum Sie sich jetzt gerade wie viele andere auch davon ganz besonders betroffen und bedroht fühlen. Ich kann dazu nur sagen: treten Sie mal ein, zwei Schritte zurück. Es gibt schon so viele, die sich in eine echte Angststörung hineingesteigert haben und das kann das Leben echt unangenehm machen. Zumal es wohl auch nicht so leicht ist, da wieder rauszukommen. Das wünsche ich niemandem.
Ich empfinde eine Stunde Medien am Abend (niemals direkt vor dem Schlafengehen!) heutzutage schon ernsthaft belastend und deprimierend... und dabei meide ich schon die ganz lauten Brüller der Seuchen, Mutationen, Kriegshetze und Katastrophen. Eine halbe Stunde "Nachrichten" im Fernsehen einmal die Woche auf Besuch bei meinen Eltern ist das Wochenlimit. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, welchen Einfluss das auf mich hätte, wenn ich mir Fernsehen allabendlich und stundenlang antun würde. Deshalb finde ich es auch wenig erstaunlich, dass ich mich schon nach zwei, drei Tagen Medienabstinenz immer richtig gut fühle.
Das kann ich nur jedem empfehlen... gelegentlich mal Kompletturlaub von jeglichen Medien machen. Kein stündlicher Blick auf Infiziertenzahlen, keine tägliche NATO-Meldung vor russischer Aggressivität, keine übliche Mutationswarnung und was sonst noch dauerberieselt wird, aber auch keine Bestätigung der Filterblase welcher Art auch immer. Ein paar Tage abschalten hilft meiner Meinung nach außerordentlich beim "zu Sinnen kommen" und mit offenerem Geist wieder einzusteigen. Und keine Angst, man verpasst nicht wirklich etwas: der nächste Viren-, Seuchen- und Katastrophenmeldungscocktail wird täglich ausgeschenkt, er haut aber nicht gleich wieder so rein, wenn man seinen persönlichen "Panikpegel" vorher etwas abgebaut hat.