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  • demon driver

mehr als 1000 Beiträge seit 25.02.2000

Der Freiheitsbegriff der Liberalen und "Libertären"...

... - Libertäre hier in der neuen, angloamerikanischen Wortbedeutung
- ist, wie Mühlbauer in seinem ausgezeichneten, im Artikel verlinkten
Essay über den "Libertarianismus", aus einer Zeit, in der er noch
längere Texte ohne antilinken Zynismus schreiben konnte, auch schon
andeutet, pure Ideologie.

Dieselbe quasireligiöse Ideologie im übrigen, die ja auch hinter dem
"freiheitlich" der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht,
weswegen solche Parteien natürlich zu 100% kompatibel zu unserem
Gesellschaftssystem sind, auch wenn sie sich noch so lautstark und
populistisch gegen den Staat stellen, der ihnen überhaupt erst die
notwendigen Rahmenbedingungen für die organisatorische und
wirtschaftliche Existenz schafft und absichert.

"Frei" nach diesem Freiheitsbegriff soll ja vor allem das Erwerben,
das Besitzen, das Vererben und das Nutzen von Privateigentum sein -
was in einer Wirtschaftsordnung, die auf dem Erwirtschaften von
monetären Profiten aus menschlicher Arbeit basiert, insbesondere die
Freiheit der Produktionsmitteleigentümer bedeutet, Menschen ohne
nennenswertes Privateigentum in das Abhängigkeitsverhältnis der
Erwerbsarbeit zu zwingen.

Dass diese Eigentumsverhältnisse im Kontext des existierenden
Wirtschaftssystems Machtstrukturen und Hierarchien darstellen, die
objektiv die Freiheit der Menschen, die kein nennenswertes
Privateigentum besitzen, drastisch begrenzen, wird in dieser
Freiheitsreligion, zu deren unermüdlichsten Predigern bekanntlich
auch unser neuer Bundespräsident gehört, geflissentlich ignoriert.

Der liberale und "libertäre" Ideologe misst Freiheit negativ am
Staat, nicht positiv am Menschen. Welche objektiven Freiheits- und
Wirkungsgrade jeder einzelne Mensch im selbstbestimmten Denken, Reden
und Handeln hat und in welchem Maße er sie real verwirklichen, mithin
"leben" kann, interessiert die liberalen und "libertären" Ideologen
überhaupt nicht. Denn täte es das, müssten sie die
Eigentumsverhältnisse in Frage stellen, von denen die meisten von
ihnen persönlich profitieren dürften.

In ihrer Staatsfeindlichkeit zeigt sich im übrigen eine
Kurzsichtigkeit, die nicht notwendigerweise, wie es noch bei dem
ideologisch verkürzten und verkrüppelten Freiheitsbegriff der Fall
ist, mutwillig ist, sondern nur Ausdruck politisch-ökonomischer
Einfalt sein kann, denn letztlich ist es der bürgerliche Staat, der
den Eigentümern das Eigentum garantiert, das Eigentum notfalls im
Rahmen des staatlichen Gewaltmonopols auch mit Waffengewalt beschützt
und in der Unterhaltung der Infrastruktur seine Verwertung erst
effektiv ermöglicht.

Gäbe es den Staat nicht, müsste die Minderheit der Eigentümer ihr
Eigentum ohne Rechtsgrundlage gegen die Masse der Nicht- und
Wenigeigentümer selbst schützen, und angesichts der weltweit immer
weiter zunehmenden Verteilungsungerechtigkeiten wäre es dann nur noch
eine Frage der Zeit, wie lange das gut ginge.

Auch *mit* dem autoritären Staat, der mit seiner Staatsgewalt die
Eigentumsverhältnisse schützt, wird diese Entwicklung allerdings wohl
nicht endlos gut gehen.

Cheers,
d. d.

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