Was soll er denn tun? Der Balkan ist dicht, und sobald Erdogan die Massen in Bewegung setzt, wird er wasserdicht. Darauf zu bauen, dass die Europäer weiterhin in derlei überhumanistischer Art reagieren und willkommen klatschen (was ja ohnehin nur die total gestörten in Deutschland wirklich zelebriert haben), wäre hoch spekulativ.
Auf der anderen Seite sitzt der gute Erdo selbst am Vulkan. Die Kurden proben den Aufstand, der sich sehr schnell zu einem echten Bürgerkrieg ausweiten kann und zu einer Sezession Ost-Anatoliens führt. Die Großmächte USA, Russland und China sind sich weitestgehend einig, dass Erdogan untragbar ist, schon alleine wegen seinen Verstrickungen mit dem IS, von Verdachtsmomenten bezüglich der Attentate von Paris und Brüssel gleich ganz zu schweigen. Und die Staatlichkeit der Türkei als Produkt von Atatürks Betreiben nach dem WK I wurde von den Großmächten ohnehin nie gerne gesehen.
Setzt Erdo also seine Flüchtlinge in Marsch und riegelt Europa - in reiner Selbsterhaltung, die bei den meisten Ländern != Deutschland noch vorhanden ist - ab, bekommen die Griechen das volle Fett ab und werden im Handumdrehen gegen die Türkei ins Feld ziehen. Denn ungeachtet der Wirtschaftskrise ist Griechenland sehr gut gerüstet, und der Nationalismus (inkl. Anti-Osmanismus) feiert dort Hochkonjunktur.
Und ehe er sich's versieht, ist Erdo in einem Zweifronten-Krieg, mit den Griechen im Westen, und den Kurden (und bald auch Armeniern... mit denen verscherzt er sich's auch gerade, indem der die Aserbaidschaner aufstachelt) im Osten, während die Russen genüsslich daran arbeiten, die völkerrechtlichen Verträge, die die Staatlichkeit der Türkei regeln, zu kündigen. Ob und wie weit die laizistischen Militärs - die, obwohl großteils aus den Ämtern entfernt, ja immer noch da sind - da noch mitspielen, ist eine weitere, sehr interessante Frage.
Erdo ist im Eimer, und das weiß er auch. Daher verursacht er noch so viel Schaden, wie er nur kann, um das Unvermeidliche hinauszuzögern.