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mehr als 1000 Beiträge seit 31.10.2001

Widerspruch

Eines vorneweg: dein erstes Posting war unter aller Sau, und meine
Antwort trägt dem Rechnung - auf eine satirische, vielleicht
beleidigende, Art und Weise.

Mit dem zweiten Posting kann man was anfangen...

Fenchurch schrieb am 3. Mai 2002 17:29

> Thanil.Bernetar schrieb am 3. Mai 2002 16:32
>
> > "Das liegt in der Natur der Sache (und
> > des Menschseins)." 

> So ist es. Jeder Soziologe kann Dir bestätigen (falls Du das
> brauchst), daß Gewalt als solche zwischen Menschen *unvermeidbar*
> ist, da es stets von der Gewaltdefinition abhängt, was Menschen als
> solche empfinden. Was ist Gewalt? Jemanden zu erschießen? Jemanden zu
> schlagen? Jemanden zu mobben und psychisch fertigzumachen?
> Gewalttätige Bilder anzuschauen? An Gewalt zu denken? Je nachdem, wie
> eine Gesellschaft Gewalt definiert, kann diese sanktioniert werden. 

Soviel dazu. Das kann ich nicht widerlegen. Ich nehme es hin. Hört
sich vernünftig an, was aber nicht heißt, dass es nicht doch
irgendwann falsch und widerlegt sein könnte.

> Wenn ich mich recht erinnere, war es Durkheim, der(nicht
> wortwörtlich)sagte: Je weiter das Verständnis einer sozialen
> Abweichung gefaßt wird, desto eher werden Abweichungen auch
> sanktioniert. Irgendwann ist ein Punkt erreicht, an dem die
> Individuen handlungsunfähig werden, weil jede nur denkbare Handlung
> als Abweichung definiert wird. Soviel zur (wissenschaftlichen)
> Theorie. 

Was hat das mit dem Fall zu tun? Was willst du damit sagen?

> Nun zur Praxis:
> Geht es nach unseren Herren Politikern und Medien wie der FAZ, dem
> Spiegel oder anderen "Meinungsmachern", dann ist das bloße Denken an
> gewalttätige Handlungen wohl auch bald als Gewalt anzusehen (siehe
> z.B. http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,194632,00.html). 

Wenn du damit auf die Zensurbestrebungen anspielen willst, dann kann
ich dir nur beipflichten, dass das rein gar nichts bringt.

> Die Diskussionen, die zur Zeit geführt werden, widern mich an, weil
> versucht wird, *einzelne Faktoren* für ein singuläres Ereignis
> festmachen zu wollen, was - wie ich in meinem vorigen Posting bereits
> (provokanterweise) andeutete - schlicht unmöglich ist. Es waren nicht
> *die Schule* oder *die Eltern* oder *die Schützenvereine* oder *die
> Computerspiele*, sondern ein höchst komplexes Individuum, das die Tat
> verübt hat. 

Ganz klar. Damit sind wir voll auf einer Linie. Monokausale
Erklärungen bringen in hochkomplexen sozialen und psychologisch
bedingten Zusammenhängen rein gar nichts.

> Vielleicht hat ihn seine Mutter zu früh abgestillt, ...
[usw.]
> Du wirst *nie* einzelne Ursachen
> herausfinden, die *in ihrer Verkettung* zu dem ganz einzigartigen
> Individuum geführt haben, das schließlich *an einem ganz bestimmten
> Punkt seines Lebens* seine Pumpgun und seine Pistole nahm und damit
> den ersten Schuß abgab.

Auch hier: ganz klar! Jede Sekunde eines Lebens, jedes Erlebnis und
jedes Wort, das zu einem gesprochen wird, oder das man zu einem
spricht, prägt. Auch klar, dass man keinem ins Hirn schauen kann.
Auch klar, dass man nett zu anderen sein soll.

> Auf "die Gesellschaft" oder "die Politik" oder "das Schulwesen" zu
> verweisen ist vollkommen sinnlos, solange Du nicht selbst bei dir
> anfängst, etwas zu ändern. 

So, und hier kommt meine Frage: warum sollte das sinnlos sein?
Menschen sind keine rätselhaften Wesen. Hochkomplex zwar, aber nicht
rätselhaft. Jemand, der nicht eine extrem deformierte Psyche hat, der
nicht eine hohe Affinität zu Gewaltanwendung hat oder der nicht einen
von Zeit zu Zeit extrem überhöhten Hormonspiegel hat, würde niemals -
außer in Notwehr - einfach einen Menschen (oder sogar siebzehn)
töten. Wenn Menschen **SO** unberechenbar wären wie du das hier
postulierst, dann würde jeder zweite Mensch mindestens einmal völlig
unvermutet von einem guten Bekannten in den Rücken geschossen werden.

Wir leben in einer Gesellschaft, die manche unmenschliche Züge hat.
Glaubst du wirklich, dass es nichts bringen würde, wenn wir
versuchten, unsere Gesellschaft humaner zu gestalten?

Hier wurden einige gute Argumente gebracht. Erstens, dass es
haufenweise Menschen in unserer Gesellschaft gibt, die unter dem
Leistungsdruck und dem Anpassungsdruck oder unter psychologischen
Problemen zusammenbrechen. Die meisten kompensieren dies durch mehr
oder weniger läßliche Sünden (Raserei auf der Autobahn,
Kampfsportarten, Kneipenschlägereien, Hooliganismus,
Extreme-Talkshowing, Alkoholismus und Drogensucht), die wenigsten
landen als Obdachlose auf der Straße, als Patienten in der
Psychiatrie oder als Selbstmörder in der Pathologie. Und dann gibt es
eben noch ein paar ganz wenige, die diesen Druck nicht mehr gegen
sich selbst richten und sich zugrunderichten, sondern wie unser
Amokläufer nach außen. Jemand hat hier gesagt, dass 99,9% der
Verlierer so sehr zurechtgestaucht werden, dass sie ihre Wut nur noch
nach innen auslassen: Auto-Agression. Aber dann gibt es noch diese
0,1%, die dabei explodieren, und das ist unser Amokläufer.

Glaubst du wirklich, dass es völlig sinnlos ist, Mißstände in unserer
Gesellschaft zu bekämpfen?


> Ein langes und einsichtsvolles Leben wünscht

> Fenchurch.

Nach deiner Theorie dürfte zumindest die *Länge* deines Lebens
gefährdet sein...

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