... auf den ersten Blick springen einen die Parallelen zwischen der Japan Hysterie der Endachziger und der China Hysterie der 2020er natürlich an. Wobei ich, ähnlich wie der Autor, eigentlich auch denke, dass der militärische Aspekt dabei eher zweitrangig ist, und der wirtschafltliche im Vordergrund steht.
Bei allem chinesischen Säbelrasseln in Bezug auf Taiwan und das südchinesische Meer denke ich doch, dass auch für Xi die wirtschaftliche Entwicklung und Stabilität des Landes eine klare Priorität gegenüber zwar symbolträchtiger, wirtschaftlich letztendlich aber ruinöser Gewaltpolitik haben. Sicher sein kann man sich da zwar nicht, ähnliches hatte ich auch einmal von Putin gedacht, trotzdem scheint mir Xi in der Beziehung um einiges rationaler zu agieren als sein russischer Busenfreund. Zumindest scheint ihm bewusst zu sein, dass Weltmachtambitionen ohne adäquate wirtschaftlice Grundlagen auf eher tönernen Füssen stehen.
Die Wirtschaft also. Da hatte Japan sich in den 80ern tatsächlich einen gewissen Vorteil herausgearbeitet, insbesondere was die Wertschöpfung und Produktivität angeht. Die Angst der restlichen Industrienationen beruhte dann auch darauf, dass sich dies ad infinitum in die Zukunft fortschreiben würde, und man immer weiter abgehängt würde. Wie sich herausstellte war dem nicht so, die westliche Wirtschaft hat sich als flexibel genug erwiessen, einige der erfolgreicheren japanischen Modelle zu adaptieren. Ähnliches hat China zur Zeit nicht zu bieten. Deren wirtschaftliche Vorteile beruhen ja nicht auf innovativen oder wenigstens andersartigen Organisations- bzw. Produktionsmodellen, sondern nach wie vor zu einem grossen Teil auf den klassischen Vorteilen von Schwellenländern. Einem zwar kleiner werdenden, nichtsdestotrotz noch grossen Reservoir an günstigen Arbeitskräften, wirtschaftsfreundlichen Produktionsbedingungen, einem nicht gesättigten Binnenmarkt und einer künstlich unterbewerteten Währung.
Ebenfalls stellte sich gegen Ende der 80er Jahre heraus, dass auch in Japan schlussendlich nur mit Wasser gekocht wurde. wenn es darum geht neue Spitzentechnologie zu entwickeln. Insbesondere der mit viel Geld angestossene Versuch, sich im IT Bereich einen technologischen Vorsprung zu erforschen, das 5th Generation Project, hat sich als im Grunde teuerer aber wenig effizienter Rohrkrepierer erwiessen. Da sehe ich durchaus Parallelen zum chinesischen Versuch, eine durchgehende Produktionskette für Halbleiter auf Spitzenniveau in Eigenregie zu entwickeln.
Im Grunde argumentiert der Autor ja damit, dass wir uns einem Peak China nähern, und die Skepsis gegenüber China, ähnlich wie nach dem 'Peak Japan' der frühen 90er nachlassen würde. Und da, denke ich, irrt der Autor.
Zwar kann man gute Gründe finden für ein baldiges Peak China, ebenso aber auch gute Gründe dagegen. Richtig ist, dass ähnlich wie im Japan der Anfangsneunziger das nachlassende Wachstum durch eine gigantische Immobilienblase künstlich befeuert wurde, und diese Blasen sowohl in Japan als auch in China platzten. Was dann in Japan zu vielen Jahren der wirtschaftlichen Stagnation führte. Andererseits war Japan zu diesem Zeitpunkt bereits eine voll entwickelte Industrienation, mit einem breiten gesellschaftlichen Wohlstand, der vergleichbar mit dem anderer Industrienationen war. Das Potential für weiteres schnelles Wachstum war damit eigentlich ausgereizt.
Davon ist China aber noch ein ganzes Stück entfernt. Bis die chinesische Bevölkerung in der Breite auf einem anderen Industrienationen vergleichbaren Wohlstandslevel angekommen ist hat China, trotz aller momentaner und perspektivischer Schwierigkeiten (China gets old before it gets rich), noch ein gigantisches Wachstumspotential. Es hängt allein von der chinesischen Führung ab, ob dieses Potential auch realisiert werden kann, oder ob China in einer Art middle income trap verharren wird.
Ganz unabhängig von der weiteren Entwicklung Chinas gibt es aber noch andere gute Gründe skeptisch gegenüber China zu bleiben. China hat durch die schiere Grösse der Bevölkerung und dadurch der Leistung seiner Produktion eine übermässig gewichtige Rolle in der globalisierten Wirtschaft. Die Abhängigkeit im Grunde aller anderen Wirtschaften von Produkten, bei denen zumindest ein Teil der Lieferkette in China verortet ist, ist zumindest riskant und schafft einseitige Abhängigkeiten, die mit der Idee einer globalisierten Wirtschaft nichts mehr zu tun haben. Insbesondere dann nicht, wenn sich ein derart einflussreicher Akteur wie China beharrlich weigert nach denselben Regeln zu spielen wie der Rest der Welt, und sich künstliche Handels- und Investitionsvorteile verschafft. Es wird also, Peak China hin oder her, schlussendlich darauf hinauslaufen, die Lieferketten zu diversifizieren und die einseitige Abhängigkeit von chinesischen Produkten zu reduzieren.
Eine vergleichbare Rolle wie China hatte Japan nie für die Weltwirtschaft. Insofern hinkt der Vergleich, bei aller Ähnlichkeit an der Oberfläche, dann schon arg.