Simon sagt schrieb am 10.03.2021 11:48:
dass es üblich wurde, überall da wo es doch eigentlich nur um Einkommen oder Geld geht, statt dessen das Wort sozial reinzuwursteln.
sozial
...
Bedeutungen:[1] die Gesellschaft betreffend, menschliches Miteinander betreffend
[2] hilfsbereit, mitmenschlich denkendDas bekommen wir wohl nicht mehr raus aus den Köpfen. Das hat sich manifestiert und zeigt sich dann in geistig völlig entkernten Sätzen wie
Allerdings seien die sozialen Unterschiede bei der Nutzung von Homeoffice enorm...
Die Schuld liegt hier nicht mal beim Autor des Artikels, der sich immerhin bemüht mehrmals darauf hinzuweisen, dass es um Einkommen geht. Nein, es ist wirklich der Report, wo bspw. auf Seite 272 die soziale Lage als Funktion der Einkommensquelle dargelegt wird. Für mich ist das genauso, als wenn man die Haaarfarbe als Funktion der Fingerfertigkeit heranzöge. Man könnte es ja auch mal von der anderen Seite betrachten. Wie kommt es eigentlich, dass in unserer Welt Menschen die sich besonders asozial verhalten -spricht nicht sozial sind- gehäuft die Spitzen der Gesellschaft darstellen?
Sozial ist das Fremdwort für gesellschaftlich, es bezieht sich auf die jeweilige Gesellschaft, in deren Kontext es verwendet wird. Nach dem, was ich über die Entstehung früher Gesellschaften weiss, dienten sie anfangs vor allem der gegenseitigen Unterstützung. Erst mit dem Aufkommen grösserer Gruppen wie Stadtstaaten und grösseren Nationen breitete sich die Neigung zu Grund- und Sachbesitz derart aus, dass daraus Machtansprüche erwuchsen.
Ein sehr wichtiger Aspekt scheint mir dabei die Tatsache zu sein, dass vom Eigentum an wichtigen Werten strukturierte Dörfer, Städte und Staaten dazu neigten, unliebsame oder ungehorsame Menschen und Gruppen zu töten. Das führte meiner Überzeugung nach dazu, dass die Überlebenden ihre Nachkommen dazu erzogen, sich so zu verhalten, dass sie nicht unangenehm auffallen. Nur wer sich angepasst an die Gesellschaft verhielt, hatte überhaupt die Chance, in der Gesellschaft aufzusteigen, und das ist noch heute so. Echte Tugenden wie Hilfsbereitschaft, Empathiefähigkeit, Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit verhindern den Aufstieg, weil die Tugendhaften nicht das gierige Raffen üben, das gewöhnlich zu grossem Wohlstand und Reichtum führt. Kein Mensch kann durch eigener Hände Arbeit Milliarden Dollar oder Euro anhäufen. Das geschieht durch Beraubung - privat von lat. privatus, PPP von privare, „abgesondert, beraubt, getrennt“, privatum, „das Eigene“ und privus, „für sich bestehend“.
Unser gesamtes Sozialsystem ist von Besitz- und Machstreben durchsetzt. Wer kein Geld hat, verhungert. Es gibt keine Lebensmittel ohne die Gegenleistung Geld, mit Ausnahme der Tafeln, aber die gibt es erst seit rund 25 Jahren. Wer glaubt, sozial sei, was menschenfreundliches Miteinander schafft, liegt einem Irrglauben auf, das ist schon seit tausenden von Jahren nicht mehr so, von vereinzelten Naturvölkern oder kurzen Phasen in der europäischen Geschichte einmal abgesehen. Daraus folgt, dass diejenigen, die an die Spitzen der Gesellschaften gelangen, so gut wie gar nichts mehr von den oben erwähnten Tugenden zeigen, denn sonst wären sie ja niemals an diese Machtpositionen gelangt.
Machtstreben ist eigentlich ein Ausdruck von Hilflosigkeit und Ohnmacht. Wer die in der Kindheit nicht erlebt hat, entwickelt auch kaum die Sucht nach Macht und Einfluss. Der Mächtige möchte, dass alle nach seiner Pfeife tanzen, nur dann fühlt er sich sicher.