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  • auf_der_hut

mehr als 1000 Beiträge seit 07.05.2008

Re: Freie Meinungsbildung nur in Freiheit

Diesem elitären Denken, das Gegenmeinungen als "Rudeldenken" diskreditiert, liegt ein sehr schlichtes Modell von dem, was demokratische Entscheidungen sind und was sie sein sollten zugrunde. Bei jedem Streit gibt es demnach eine objektiv richtige, auf Fakten basierende Entscheidung, die nur von Egoisten und Autisten erkannt werden kann, weil die sich nicht von der Gemeinschaft beeinflussen lassen. Dieser simple (und ziemlich undemokratische) wird dann noch als "echte Demokratie" verkauft.

Es ist aber das genaue Gegenteil. Es ist die Überhöhung eines autoritären Elitegedankens, der letztlich auf der Legitimierung von Macht auf der Basis von nebulösen Kriterien (High-T, Egoismus, Autismus, Intelligenz, Faktenwissen) basiert und die Herstellung von Konsens auf der Basis von Argumenten, die Möglichkeit sich in der Diskussion mit anderen überzeugen zu lassen oder andere überzeugen als Schwäche sieht - deshalb auch die ziemlich absurde Überhöhung von Autismus als "Unabhängigkeit". Der "Egoismus" dieser Elite soll dann den Fortschritt zum Besten der Mehrheit vorantreiben, deren Interessen, da sowieso nur durch "Rudeldenken" gesteuert, nicht berücksichtigt werden müssen.

Der Kern von Demokratie ist aber nicht das finden einer angeblich objektiv besten Lösung, deren Existenz man im politischen Kontext getrost bezweifeln kann. Es geht um Interessenausgleich, um Repräsentanz und Teilhabe, darum dass Mehrheiten zwar entscheiden, dass dabei aber die Rechte von Minderheiten trotzdem gewahrt bleiben. In einer Demokratie dürfen Menschen "falsch" entscheiden und es wird nicht bewertet, ob sie ihre Wahlentscheidung aufgrund von Sympathie für den Kandidaten oder weil der Nachbar das gleiche wählt getroffen haben, oder ob sie ganz "objektiv" das Programm durchgearbeitet haben.

Besonders entlarvend wird es dort, wo im OP konkrete Kostproben von "unabhängigem Denken" gegeben werden: da finden wir dann das wenig originelle Grünen-Bashing, was derzeit anscheinend der kleinste gemeinsame Nenner quer durch alle politischen Lager ist. Also wenn das das leuchtende Ergebnis unabhängigen Denkens sein soll der geistigen Elite sein soll, dann können wir auch die Deppen weiter mitreden lassen, das macht dann keinen großen Unterschied.

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