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  • demon driver

mehr als 1000 Beiträge seit 25.02.2000

Semitismus und Antisemitismus, Semiten und Antisemiten

Da du so hartnäckig darauf bestehst...

lilywhite schrieb am 22. September 2003 13:18

> > > Schlag einfach mal nach, was Semitismus bedeutet
> >
> > Solche Sätze entstehen dann, wenn sich Dummheit, Faulheit und
> > Dreistigkeit paaren. Und fallen dann so auf den Sprecher zurück, wie
> > das halt mal passiert, wenn man sich zu weit aus dem Fenster lehnt.
> > In welchem deiner Lieblingsnachschlagewerke würde denn Semitismus
> > drinstehen?
>
> Semitismus ist die Reduzierung des Bergriffs "semit(isch)" allein auf
> das jüdische Volk, ohne Rücksicht auf andere Religiöse Gruppen, die
> ebenfalls zu den Semiten zu zählen sind. Als semitisch zu bezeichnen
> sind alle Volksgruppen, die ursprünglich auf semitischen Stämmen
> basierten und somit eine semitische Sprache sprechen. Z.B. eben das
> hebräische oder auch das amahrische, Tigrische und Harari in
> Abessinien. Und genau das tust du doch. Meckert jemand über die
> Juden, oder besser noch, lediglich über Sharon, ist er ein Antisemit!
> DAS ist Semitismus, mein Freund.
>
> Weitergehende Informationen dazu findest du in jedem Lexikon.

So, in jedem? Wärst du vielleicht so freundlich - es wird dir dann ja
kaum Schwierigkeiten bereiten - und würdest uns wenigstens eines
davon nennen, neueren Datums, das den Begriff in heutigem Gebrauch so
oder so ähnlich formulieren würde? Jedes Lexikon besitze ich leider
nicht, allein im aktuellen Brockhaus gibt es keinen 'Semitismus',
nicht im ein- noch im vierundzwanzigbändigen, auch im zehnbändigen
Duden-Wörterbuch der deutschen Sprache nicht, ebensowenig im 'großen
Ploetz', der deutschsprachigen Standard-Enzyklopädie der
Weltgeschichte.

Ein immerhin noch einigermaßen seriös scheinender Hinweis auf einen
Semitismus-Begriff findet sich dann doch noch, der deutet ins 19.
Jahrhundert zurück und bezieht sich "auf eine Gruppe von Völkern des
Nahen Ostens, zu der Juden und Araber gleichermaßen gehören. In
dieser Bedeutung wurde der Begriff Semitismus im 19. Jahrhundert vor
allem in der sozialwissenschaftlichen Literatur verwendet. Mit der
Popularisierung und Ideologisierung des Begriffs veränderte sich
seine Bedeutung und erhielt einen deutlich negativen Akzent:
Ausschließlich Juden wurden nun als Semiten bezeichnet, ihre Kultur
Semitismus genannt. Der Begriff Antisemitismus wurde 1879 von dem
deutschen nationalistischen Journalisten Wilhelm Marr (1819-1904)
geprägt, der mit diesem die zeitgenössische antijüdische Propaganda
'wissenschaftlich' zu untermauern suchte"
(www.e-papyrus.de/antisemitismus.html).

Zusammenfassung. Erstens: Es gibt keinen 'Semitismus'. Im
Sprachgebrauch des einundzwanzigsten Jahrhunderts existiert der
Begriff nicht. Zweitens: Keine seiner sprachgeschichtlichen
Verwendungen hatte jemals die Semantik, die du ihm andichtest.

Deine Deutung ist auch angesichts der Tatsache so absurd, dass der
Begriff 'Antisemitismus' sich nicht kraft willkürlicher Auslegung
seiner Benutzer, sondern kraft gültigen und definierten
Sprachgebrauchs ausschließlich auf Juden bezieht, nach der Prägung
nämlich durch den genannten Journalisten. Die steht nun mal in
Widerspruch zur Etymologie der Wortbestandteile, aber Sprache war
noch nie logisch, damit muss man sich abfinden. Der überhaupt größte
Zynismus dabei ist, dass der Begriff Antisemitismus dann auch noch
von einem Antisemiten geprägt wurde.

Noch eine Korrektur -  es gibt auch keine 'religiösen Gruppen', die
'den Semiten zuzurechnen' wären, denn die 'Semiten', und du schreibst
es selbst und hast damit ausnahmsweise mal völlig Recht (im Gegensatz
zu unserm Chillennium hier, der davon aber auch gar nichts, nicht mal
im Ansatz kapiert hat), die 'Semiten' sind unabhängig von der
Religion über ihre gemeinsamen Sprachwurzeln definiert worden.

Und jetzt nochmal Tacheles. "Meckert jemand über die Juden", dann ist
er zunächst mal einer, der über "die Juden" meckert. Findest du das
aber ok, pauschal über "die Juden" zu "meckern"? Ein hinreichend
ernstzunehmendes, pauschales Über-die-Juden-Meckern nennt man
schließlich auch einen antijüdischen Ausspruch. Meckert einer
wiederholt, oder sogar regelmäßig, hinreichend ernstzunehmend über
"die Juden", was ist der dann? Ein chronischer Über-Juden-Meckerer,
zu deutsch antijüdisch, im Fremdwort Antisemit. So einfach ist das.
Fazit: davor geschützt, Antisemit genannt zu werden, ist völlig zu
Recht nur, wer nicht pauschal über "die Juden" meckert. So ist die
Sprache und ihre Bedeutung, und so einfach ist das.

Und jetzt belege noch eine einzige Stelle, an der auch nur einer von
denen, gegen die du hier meinst kämpfen zu müssen, eine sachliche
Kritik an Israel bzw. der Politik Israels oder gar nur an Sharon mit
einem Antisemitismusvorwurf beantwortet hätte. Du wirst keine finden.

Ich erkläre es jetzt nochmal für alle, die es immer noch nicht
begriffen haben:

WER HIER ANTISEMITISMUS KRITISIERT, IST DESWEGEN VERDAMMT NOCHMAL
KEIN ANHÄNGER DER ISRAELISCHEN REGIERUNGSPOLITIK!

Kapiert, jetzt?

d. d.

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