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  • 1FC

mehr als 1000 Beiträge seit 02.02.2011

Re: Was genau hieß das?

Wer kritisiert, daß Deutschland eine Führungsrolle übernehmen soll, muß Alternativen nennen. Also wer soll den Job machen?

Also ich persönlich bin grundsätzlich dafür, wenn sich die EU endlich mal emanzipieren würde und sich um ihre eigene Sicherheit kümmern würde. Mit Blick auf das globale Geschehen und dem offen kommunizierten Bestreben einzelner Staaten (China z.B.) die Weltordnung umkrempeln zu wollen (Notfalls militärisch oder warum rüstet China dermaßen extrem auf?), sollte man sich schon vorbereiten. Alles andere wäre naiv und blauäugig. Ich denke WK 1 und WK 2 dürfen / sollten und brauchen uns da auch nicht mehr bremsen und auch nicht blockieren. Das sagt übrigens nahezu jedes andere Land und versteht auch nicht, warum Deutschland so dermaßen zurückhaltend ist. Zumindest nach außen.

Warum ist das europäische Aufrüsten meiner Meinung nach (leider) notwendig?

Tja… Schöner wäre natürlich eine Friede-Freude-Eierkuchen-Welt, in der sich alle nach dem Prinzip des Pazifismus Seifenblasen-pustend ganz doll lieb haben. Viele hier halten das ja für zielführender und die „Lösung“. Fast schon sehr zynisch den Opfern gegenüber.
Die Welt zeigt nämlich leider ihr wahres Gesicht und die Realität zeigt auf fürchterlichste Art, daß diese Weltanschauung Utopie ist. So kann das Scheitern des Prinzips der sozialen Verteidigung z.B. quasi live erlebt werden. Dazu reicht ein Blick auf das Treiben Russlands in der Ukraine. Das Massaker von Butscha ist dabei lediglich nur ein Beweis dafür, daß eine soziale Verteidigung gegen solch einen Aggressor den sicheren Tod bedeutet und ein Selbstmordkommando darstellt. Und ein weiteres pazifistisches Prinzip, nämlich das des zivilen Ungehorsams müssen wir ja wohl nicht ernsthaft sprechen. Wenn der Aggressor ohne mit der Wimper zu zucken schon seine eigenen Leute in „Fleischwölfe“ reinwirft, dann steht Zerstörung klar im Vordergrund. Die Theorie des Pazifismus geht meines Wissens davon aus daß die Aggressoren als Besatzer lediglich an (politischem und wirtschaftlichem) Einfluß interessiert sind. Leider entpuppt sich das als ein Irrglaube, wie JEDER aktuell eindrucksvoll vor Augen geführt bekommt. Solche Ideen sind also durchaus ehrenwert, aber leider fernab jeglicher Realität. Ein gedanklicher Zeitvertreib in Friedenszeiten…mehr auch nicht.

Damit zurück zur EU und Deutschland. Deutschland ist mit Sicherheit auf dem Papier ein logischer Kandidat, um mehr Verantwortung in der EU zu übernehmen. Deutschland hat verglichen mit EU-Ländern viele Einwohner, ist geographisch ganz gut gelegen (relativ zentral), Deutschland ist wirtschaftlich gut aufgestellt und Deutschland hat dazu auch international gefragte Technologie. 2018 war Deutschland z.B. der 4. Größte Waffenexporteur der Welt (2018 deshalb als Beispiel gewählt, da vor der Pandemie und vor dem Russland-Ukraine-Krieg). Hinzu kommt daß Deutschland in der EU sicherlich einer der engsten Verbündeten der USA ist und nicht umsonst finden sämtliche militärische Treffen die NATO betreffend auf deutschem Boden statt.

So weit, so gut… Das große Aaaaber und in meinen Augen ein ziemliches Problem an der Sache, wäre eine Akzeptanz im Volk. Besonders derzeit merkt man doch wie sehr Deutschland gespalten ist. Ich bin zum Beispiel -offen gesagt- erschüttert darüber, was z.B. im Osten auf einmal los ist. Aber auch im Westen rumort es und besonders im Westen leben nun mal noch sehr viele, die einerseits als Nachkriegskinder durch ihre eigenen Eltern sozusagen „geheilt“ sind und andererseits diejenigen die -wie ich bzw. meine Generation z.B.- mit einer gewissen Distanz zu Deutschland als „Heimatland“ aufwuchsen und regelrecht eine Schuld sozusagen eingeimpft bekamen. Es war z.B. verpönt Deutschlandfahnen aufzuhängen und im Ausland wurde man hier und da gefragt, wo denn unser Selbstbewusstsein hin ist. Erst die sog. GenerationY ist da wieder etwas lockerer geworden und die WM 2006 z.B. hat Deutschland international sogar viele Sympathien eingebracht, obwohl ein schwarz-rot-goldenes Fahnenmeer die Straßen säumte. Dieses Verkrampfte hatte sich also etwas gelockert. Im Osten des Landes scheint sich aktuell so eine Art Nostalgie breit zu machen. Auf einmal ist nicht mehr viel übrig vom Zeitgeist der frühen 90er. Bei einigen geht sogar soweit, daß der Müll des „großen Bruders“ unreflektiert nachgeplappert wird, fast schon, als würden die sich ihren Unterdrückungsapparat zurückwünschen.

Tja, ganz allgemein weiß ich ehrlich gesagt nicht so wirklich, wie die Stimmung denn eigentlich wirklich so ist im Bezug auf das eigene Land.
Nebenbei: Ich hätte übrigens echt nicht gedacht und erst Recht nicht gehofft, daß ich über 30 Jahre nach der Wiedervereinigung in einem Satz noch mal Ost und West schreiben würde. Traurig, daß das wieder so auseinander zu driften scheint…

—> „Führungsrolle“?

Hinzu kommt für mich persönlich die Frage, was das im Detail denn überhaupt heißt. Also wie genau ist denn eine „Führungsrolle“ in dem Zusammenhang GENAU definiert?
Wäre Deutschland dann sozusagen der Projektleiter, um es mal so zu formulieren?
Oder soll Deutschland etwa den Geschäftsführer spielen und sagen wo es langgeht?
Also wie genau lautet die Stellenbeschreibung, um bei dem Bild zu bleiben?

Was genau spräche denn z.B. gegen Frankreich für solch eine, zu definierende Rolle? Oder eine doppelte „Führungsrolle“ (s.o. wie auch immer sich diese im Detail auch ausgestaltet) mit Frankreich und Deutschland. Anders als Deutschland, sitzt Frankreich zudem im UN-Sicherheitsrat und ist eine sog. Atommacht.

Danke und Gruß, Baxter

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