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  • Piotr Shenkov

449 Beiträge seit 25.09.2011

Wissenschaft nur ein statistisches Strickwerk?

Eine kritische Einstellung auch zur Wissenschaft begrüße ich sehr,
der Autor verrennt sich aber darin und sieht sich als Revolutionär
und Einzelkämpfer gegen die Statistikstrickwissenschaft. Dieses
Don-Quijote-Verhalten ist immer ein Warnsignal.

Der Autor erkennt richtig, dass man aus Beobachtungsstudien nur
schwer Ratschläge ableiten kann. Seine Folgerung, dass diese deswegen
keine wissenschaftliche Relevanz (er spricht nebulös von
"Beweiskraft") hätten, ist aber Unsinn. Diese Studien dienen
überhaupt gar nicht dazu, Ernährungstipps zu "beweisen", sondern zur
Beurteilung oder Erzeugung von Hypothesen.

Ein Beispiel: In einem Interview in der Welt sprach er an, dass
verschiedene Studien schädliche und nützliche Folgen von
Rotweinkonsum gezeigt hätten. Also, so seine Schlussfolgerung, sind
diese Studien nutzlos. Tatsächlich aber folgte aus solchen Studien
die Untersuchung einzelner Inhaltsstoffe des Rotweins, die man für
die Einzeleffekte verdächtigte. Bekannt ist da bspw. das Resveratrol,
dass zu Unrecht als Jungbrunnenmittel gehypet wurde, aber
möglicherweise bald zur Behandlung von Glaukomen eingesetzt wird.

Trotz dieser Herabwürdigung der wissenschaftlichen Methode
untermauert er seine These mit Studien, die auf der
wissenschaftlichen Methode beruhen. Die Set-Point-Theorie, wie er sie
hier vorstellt, ist zwar statistisch gut belegt, der
Regulierungsmechanismus aber noch kaum bekannt. Komischerweise nennt
der Autor dies nicht einen Statistiktrick. 

Was bleibt, ist der allgemeine wie unspezifische Rat, "auf den
eigenen Körper zu hören". Dies hilft natürlich all jenen Menschen
kaum weiter, die unter einer verzerrten Körperwahrnehmung oder
Essstörungen leiden. Gleichsam wird die Methode unfehlbar: Wer trotz
Befolgung mit seinem Gewicht unzufrieden ist, der hat eben nicht auf
sein "echtes Hungergefühl" gehört. Eine aus der esoterischen
Heilkunst bekannte präventive Verteidigung.

Trotz dieser Kritik begrüße ich die Botschaft, auf sich selbst zu
hören und nichts auf die Diat- und Hungerwelle zu geben. Knop surft
aber selbst auf dieser Welle mit: mit den gleichen Heilsversprechen,
die er bei den anderen kritisiert. Und macht massiv PR.

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