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Avatar von marmer
  • marmer

mehr als 1000 Beiträge seit 27.11.2015

Transfers gab es schon ohne Euro

Die Polen erhalten jede Menge Geld ueber die Landwirtschaftspolitik. Die Spanier kriegen wohl auch recht viel aus dem Topf. Man sagt dauernd wir muessten Schulden vergemeinschaften und weitere Umverteilungskanaele schaffen. Was keiner dazu sagt ist warum wir das machen sollten. Das einzige Argument das kommt ist dass die Reichen mit den Armen solidarisch sein muessen. Dann wird in Deutschland noch darauf verwiesen dass ja auch bei uns ein Laenderfinanzausgleich installiert wurde.

Schauen wir uns mal beide Argumente genauer an. Interessanterweise haben wir in Deutschalnd ja eine Situation die der Situation in Europa in mancherlei Hinsicht gar nicht so unaehnlich ist. Da gibt es die Ex-DDR in der die Produktivitaet deutlich abfaellt gegenueber dem Westen. Deshalb fliessen Unmengen an staatlichen Transfers Richtung Osten. Was hat das in 25 Jahren bewirkt? Zum Teil vollkommen entvoelkerte Landstriche. Nur Leuchttuerme wie Dresden, Leipzig oder Jena wo sich die Wirtschaft ordentlich entwickelt. Dazu vielleicht noch ein paar Touristengebiete entlang der Ostsee und im Harz.

Aber insgesamt ist die Eingliederung der DDR fuer mich ein Trauerspiel. Sie zeigt wie man es gerade nicht machen sollte. Der grosse Fehler war es direkt nach der Wende den Westgewerkschaften und -arbeitgeberverbaenden die Moeglichkeit zu geben die Ostloehne auszuhandeln (die Westler haben einfach die Ostverbaende 'neugegruendet' und kontrolliert). Beide hatten ein Interesse daran die Ostloehne nicht zu kompetitiv sein zu lassen. Die Gewerkschafter wollten nicht dass die Westarbeiter billige Ostkonkurrenz kriegen. Und die Industrie wollte nicht ihre Westinvestitionen ueber Nacht entwerten. Denn ein auslaendischer Konkurrent der im Osten investiert und dort bei gleicher Infrastruktur und Justizsystem viel billiger produziert koennte einen ja ueberrollen. Das hat nicht nur zu einem voelligen Kollaps all dessen gefuehrt was man im Osten an Industrie hatte (weiss nicht ob das vermeidbar gewesen waere). Nein es hat auch dazu gefuehrt dass nur sehr zoegerlich neues Kapital aus dem Westen und aus dem Ausland in den Osten geflossen ist.

Genauso laeuft es im Moment im Sueden ab. Die haben im Vergleich zu ihrer Produktivitaet viel zu hohe Loehne. Das koennte man bei getrennten Waehrungen durch Abwertungen korrigieren. Aber mit dem Euro geht das nicht. Wir muessten also jetzt wirklich massive Transfers von Nord nach Sued schaffen und dort die Arbeitslosigkeit finanzieren. Im Vergleich zu den Ostdeutschen ist auch die Wanderwilligkeit viel viel schwaecher ausgepraegt. Ist ja klar dass es einfacher ist von Zwickau nach Nuernberg zu gehen als von Bari nach Hannover.

Jetzt sagen die Optimisten, dass man mit den Transfers im Sueden investieren koennte und schon bald waere deren Produktivitaet auf unserem Level. Manchmal verweist man auf Bayern das ja nach dem Krieg auch ein Agrarland war und von den Transfers der anderen Laender profitiert hat. Dass Bayern tatsaechlich Transfers erhalten hat ist natuerlich unbestritten. Aber ob die tatsaechlich ursaechlich fuer den Aufstieg Bayerns verantwortlich waren ist mehr als fraglich. Wie dem aber auch immer sein mag. Wir sollten nicht 50-60 Jahre zurueckgehen. Sondern wir sollten darauf schauen was in Europa von 10-20 Jahren passiert ist. 1995 hat die Einfuehrung des Euro zu einer raschen Zinskonvergenz gefuehrt. Durch die Uebernahme der deutschen Reputation haben also alle Suedlaender enorme Mengen an Geld eingespart. Man bedenke nur dass Italien schon damals zu ueber 100% des BIP verschuldet war und die Zinsen auf 10jaehrige Anleihen von 11% auf Werte die um die 5% pendelten. Wenn die also nur ein Sechstel der Schulden auf 5 Jahre finanziert hatten dann hatten die nach 5 Jahren einen Prozentpunkt des BIP mehr zur zur Verfuegung!

Ende der 90er Jahre und bis zu den Schroederschen Reformen galt Deutschland auch noch als ein Land mit Produktivitaetsproblemen. Das heisst die Suedlaender hatten immer mehr Geld zur Verfuegung und Deutschland stand noch vor seinen Reformen. Was haben die Suedlaender nun mit dem ganzen schoenen Geld gemacht? Haben sie Reformen finanziert? Iwo. Haben Sie Infrastruktur erneuert? Berlusconi hat nur davon geredet, getan hat er Null. Haben Sie die Forschung auf Spitzenniveau gehoben? Das ich nicht lache.

Das Geld ist ausschliesslich in den Konsum geflossen (Transfers, oeffentliche Gehaelter etc). Dann kamen die Schroederschen Reformen und Deutschland ist auf einmal wieder produktiver geworden. Haben die anderen Laender das zum Anlass genommen auch ihren eigenen Laden in Ordnung zu bringen? Nein. Es ist absolut nichts passiert bis zur Pleite Griechenlands.

Jetzt wird hier immer so getan als ob es darum ginge dass die Lohnkonkurrenz sowieso schaedlich und negativ waere weil das ja alles nur ein Nullsummenspiel waere. Darueber wird vergessen wie es im Sueden tatsaechlich ausschaut. Italien hat de facto kein Justizsystem. Denn was hilft dir eine Justiz die immer drei oder vier Jahre braucht bis zur Entscheidung. Griechenland hat de facto keine funktionierende Steuerverwaltung. Beide Laender sind weit korrupter als D. Die Arbeitsmaerkte sind extrem unvorteilhaft fuer die Jungen. Die Alten sind de facto unkuendbar. Dafuer gibt es viele Junge die noch mit 35 auf kurzfristigen Vertraegen sitzen. Viele Sektoren der Wirtschaft sind extrem reguliert und zwar so dass vor allem sichergestellt ist dass es extrem hohe Huerden fuer den Markteintritt gibt. Damit schuetzen sich die Platzhirsche mit staatlichen Instrumenten vor unliebsamer Konkurrenz.

All diese Probleme waren schon in den 1990ern bekannt. Ist man irgendein Problem davon angegangen als man dafuer das Geld hatte (aus dem Zinsvorteil)? Nicht ein einziges! Warum soll ich jetzt glauben dass man andere Transfers besser anlegen wuerde? Es macht doch politisch keinen Sinn dass man dem Sueden die Ausgabenhoheit laesst wenn der Norden zahlen soll. Das funktioniert auch hierzulande nicht. Die Tatsache dass Berlin, Bremen und Saarland wissen dass sie so klein sind dass sie den Finanzausgleich nicht ueberfordern fuehrt dazu dass diese Laender sich immer darauf verlassen von den anderen mitfinanziert zu werden. In diesen Laendern ist keine politische Mehrheit fuer eine langfristige auf Investitionen basierende Wirtschaftspolitik zu organisieren. Es ist einfach zu verlockend sich fuer den schnellen Konsum zu verschulden wenn man einen Teil der Kosten dann von den anderen ersetzt kriegt. Wie gesagt, das kann man im Falle der drei oben genannten Laender grad noch so verkraften weil die nur etwas ueber 6% der dt Bevoelkerung ausmachen. Aber Italien allein macht schon 18% der Bevoelkerung der Eurozone aus (61 Mio von 338). Wenn man da noch andere Subventionskandidaten dazunimmt dann naehern wir uns schnell der 50%-Marke.

Kurzum, es kann nicht sein dass der Norden dafuer aufkommt dass Italien kein Justizsystem haben mag. Es kann nicht sein dass der Norden dafuer aufkommt dass Griechenland und Italien ihre jeweilige Elite noch weniger besteuern moegen als wir das schon mit der unserigen tun. Daher kann die Loesung nur darin liegen den Euro abzuschaffen. Wir koennen ja versuchen mit den Oesis, den Hollaendern und den Luxemburgern versuchen einen reformierten mitteleuropaeischen Euro zu behalten wenn wir entsprechende Regeln aushandeln koennen. Aber zur Not muss man einfach wieder zu den nationalen Waehrungen mit fixen Wechselkursen zurueckkehren.

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