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  • redadair

mehr als 1000 Beiträge seit 14.10.2001

Re: Schwules Altern

> Keine Kinder bedeutet automatisch Einsamkeit im Alter. Nicht dass
> Kinder ein verlässliches Mittel gegen Einsamkeit wären. Manche Eltern
> hören im Alter erst dann wieder was von ihren Kindern, wenn es ans
> erben geht. Es ist nunmal der Lauf der Welt, dass sich speziell im
> Alter kein Schwein um einen schert außer der eigenen Nachkommenschaft
> und dass jedes soziale Netz schlicht und ergreifend durch Zeitablauf
> ausstirbt. Das Beste, was einem Schwulen passieren kann, ist dass er
> möglichst früh selbst dran ist, so dass die Zeitspanne der Einsamkeit
> verkürzt wird. Gegen die Einsamkeit konnte man als Schwule schon in
> den besseren Tagen oder auch in der Jugend wenig tun, im Alter wird
> es praktisch unmöglich. Dabei geht es wirklich nicht um Sex, den
> meisten alten Männern wird die Libido schon vor Jahren abgestorben
> sein. Aber die pure Einsamkeit wird zunehmend zu einem Problem.

Das ist mir zu krass und fatalistisch. Schwule bilden ihre eigenen
"Familien", meist nicht biologisch, aber nicht weniger familiär oder
intim. Es gibt viele einsame Schwule, genauso wie es einsame Heten
gibt, das ist kein Unterschied. Und der Freundeskreis altert ja auch
mit, außerdem  haben auch Heterosexuelle im Alter noch andere
Beziehungen als nur zu ihren Kindern.

Klar ist die Situation als Dorfschwuler auf dem Land in der Jugend
wohl nicht besonders lustig, aber das ist sie wahrscheinlich auf dem
gleichen Dorf auch nicht für andere Randgruppen, die die klassische
Dorfgemeinschaft nicht akzeptieren mag, auch da: kein Unterschied. 
Und später zieht eh alles, was intellektuell einigermaßen beweglich
ist, in die Stadt.

> Insofern kann es durchaus eine gute Idee sein, wenn sich Schwule im
> Alter an einen Ort zurückziehen, wo sie unter sich sind. Wo man mit
> anderen Menschen auf eine ähnliche Lebensgeschichte zurückblicken
> kann. Wo es Gemeinsamkeiten gibt, die mit heterosexuellen spätestens
> dann weniger werden, wenn die ihre Kinder bekommen und deren
> Lebensweg sich im Alter doch massiv anders entwickelt hat.
> Und natürlich ist es ein Ort, an dem man halbwegs sicher ist vor den
> allgegenwärtigen Drangsalierungen und der Gewalt, denen Schwule in
> der Gesellschaft ausgeliefert sind. Wenn man seine ganze Jugend
> drangsaliert wurde, dann will man wenigstens am Lebensabend seine
> Ruhe haben.

> Dabei stellt sich dann allerdings die Frage, ob ein freiwilliges KZ
> dafür der richtige Weg ist. Wenn erst die Schwulenverfolgung wieder
> richtig losgehen wird - und es ist, wie man an Russland und Uganda
> sehen kann, nur eine Frage der Zeit, bis es wieder losgeht - dann
> werden solche Orte wie schwule Altersheime die Orte der ersten
> Pogrome sein. Dann könnte sich die soziale Sicherheit schnell als
> eine Illusion herausstellen.

Verbale Abrüstung eindringlich empfohlen!
Und es gibt einen Unterschied zwischen Alten- und Pflegeheim.
Die Wachsamkeit verstehe ich sehr gut, es kann schnell wieder anders
gehen, sieht man ja auch hier im Forum wie weit dieses Gedankengut
noch da ist.

Man wird als Schwuler nicht ständig drangsaliert, es gibt
Ausgrenzung, ganz klar, es werden auch immer noch viele Schwule
angegriffen, weil sie schwul sind,  aber meiner Erfahrung nach kann
man hier in Deutschland, zumindest im Westen, ziemlich normal und
unproblematisch leben. 
Nervig ist es manchmal nur, dass man jeden Tag sein Schwulsein
"erklären" darf oder wenn heterosexuelle Gäste eben manchmal beim
Besuch erwarten, dass es wie bei "ein Käfig voller Narren" zugeht.

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