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  • ratwol22

mehr als 1000 Beiträge seit 22.02.2022

Sehr geehrter Herr Dr. Chunchun Hu, ...

Sehr geehrter Herr Dr. Chunchun Hu,

Ich zitiere aus dem Artikel:
"Wird dem chinesische Credo – "Wenn Sie geduldig bleiben, werden Sie Ruhe und Frieden finden; wenn Sie einen Schritt zurücktreten, werden Sie mehr Raum gewinnen" – in Europa Sympathie entgegenschlagen oder Verachtung?"

Tatsächlich ist mir die Denkweise chinesischer Gesellschaften fremd. Das trifft, davon bin ich überzeugt, auf die meisten Deutschen zu und vielleicht auch auf die meisten Europäer. Die Äußerungen einer deutschen Journalistin, die sich mehrere Jahre in Afghanistan aufgehalten hat, kommt mir in Erinnerung. Sie sagte, daß die Menschen mit einer Überzeugung für eine demokratische Gesellschaftsordnung weltweit nur eine Minderheit seien.

Nach meiner Interpretation meinte die Journalisten mit "demokratischer Gesellschaftsordnung" die praktizierte Gesellschaftsordnung in Europa und Nordamerika. Und nach meiner Erfahrung ist das zwar eine freiheitliche Gesellschaftsordnung, jedoch ist sie von Demokratie meilenweit entfernt. Sicher ist meine politische Meinung nicht representativ für die Menschen auf meinen Kontinent.

Vielleicht muß ich in der chinesischen Gesellschaft geboren sein, um die Lebensweise von chinesischen Menschen annähernd zu kennen.
Vielleicht kann ich das lernen, so wie Sie in Europa Erfahrungen haben mit den Menschen hier.

Ich zitiere aus dem Artikel:
"Erwartet Europa im Falle einer chinesischen Vermittlung einen Kompromissfrieden, oder will es, dass China sich auf die Seite Europas stellt und so im europäischen Nullsummenspiel mitspielt?

Leider ist die Antwort klar und sie kennen sie vermutlich schon: EU-Europa erwartet Verbündete. Bekommt EU-Europa diese nicht, will sie zumindest eine Neutralität bei den betreffenden Regierungen außerhalb Europas erreichen.

Das Problem aus meiner Sicht:
Europäische Staaten haben soviele Kriegsverbrechen und Völkermorde gegen jene Staaten verübt, um deren Parteinahme sie nun werben, ohne jedoch ihre eigenen Verbrechen in vergangenen Jahrhunderten auch nur annähernd aufzuarbeiten - Verbrechen auch gegen China zum Beispiel in der Zeit der Boxeraufstände und Opiumkriege.

Ich zitiere aus dem Artikel:
"Der künftige europäische Sicherheitsrahmen muss einer sein, der Russland und die europäischen Staaten im engeren Sinne zusammendenkt, und nicht einer, der Russland gegenüber ausschließend oder konfrontativ eingestellt ist."

Die NATO hat einen geschichtlichen Augenblick verpaßt - oder ignoriert - an dem ein Sicherheitsbündnis für alle europäischen Staaten möglich war. Dieser Zeitpunkt war der "Mauerfall" im November 1989 in Berlin.
In den Wochen und Monaten danach: Eine denkbar gute Folge dieser Ereignisse wäre gewesen, wenn die ehemaligen Sowjetrepubliken und die NATO-Mitgliedsstaaten einen neuen Sicherheitspakt gegründet und die NATO ihre Auflösung hätte. Diese Idee in meinem Kopf hätte, mit diplomatischen Geschick, Weitsicht, weltweiter Einigung und Gründungsinitiative die UN inklusive UN-Sicherheitsrat als Nachkriegsordnung ersetzen können. Wenn alle Nationen unserer Erde beigetreten wären, befänden wir uns jetzt in einer ganz anderen Situation. Jedoch: Solch ein Schritt funktioniert nicht mit Staats- und Regierungschefs, sondern nur durch Initiative von Bürgern aller Nationen. Von dieser Utopie bin ich überzeugt. Die Voraussetzung dafür ist ein positives Ziel und die Erfahrung seines Gegenteils, wie bis 1989 geschehe. Eine Situation, so wie wir sie aktuell wieder erleben, ist ein Rückschritt. (Hoffnung auf Besseres?)

Die aktuelle Situation ist schwieriger und lastet schwer, weil Menschen sterben.

Veilleicht - vielleicht - wären diese Einigungen auch noch mit Präsident Puten möglich gewesen. Ich kann nicht in den Kopf von Präsident Putin schauen. Wir wissen: Generalsekretär Gorbatschow und Präsident Putin kommen aus demselben "Stall": KGB (Komitee für Staatssicherheit).
Mir fehlt also das Vertrauen für diese Möglichkeit, die ohnehin heute Vergangenheit ist.

Ich zitiere aus dem Artikel:
"Wenn sich Europa – in diesem Fall sind damit die europäischen Nato-Mitgliedstaaten und die Europäischen Union gemeint – für Konfrontation als Lehre aus diesem Konflikt entscheidet, dann steht Europa eine düstere Zukunft bevor, und der ganzen Welt droht durch die Wahl Europas ein Rückfall ins 19. bzw. 20. Jahrhundert."

Dieser Standpunkt ist nach meiner Kenntnis unbestreitbar.

Ich zitiere aus dem Artikel:
"Auch ein kostspieliger Frieden ist immer besser als ein Krieg, der den Weg für hegemoniale oder heroische Siegesfantasien ebnet."

Dieser Frieden kann nur zwischen Moskau und Kiew zustande kommen, zwischen beiden Regierungen - oder durch Staatsführungen außerhalb Europas. Alles andere wäre ein Diktat durch NATO-Mitgliedsnationen!
Wie geschrieben: Da Russland, Ukraine und die NATO-Mitgliedsstaaten parteiisch sind, kann eine funktionierende Lösungsinitiative nur von außerhalb kommen.

Fast final: Aufgrund einer Medienschlagzeile: warum, zur Hölle, werden nicht die Vorschläge Russlands im UN-Sicherheitsrat für eine Lieferung von z.B. Weizen aus der Ukraine berücksichtigt, um die extreme Teuerungsrate nach Möglichkeit begrenzen zu können? Warum?
Ich weiß: Sie können mir darauf keine Antwort geben. Ich habe auch nur geflucht.

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Ich sympathisiere mit den Ideen von Michail Alexandrowitsch Bakunin, Pjotr Alexejewitsch Kropotkin, Errico Malatesta, Buenaventura Durruti Dumange, Gustav Landauer etc. Sie gingen nie davon aus, daß die Staatlichkeit sofort überwunden wird, doch machten alle diese Männer genau dies zu einer Grundvoraussetzung für eine Verbesserung der Situation von Menschen - und nicht nur von Menschen in ihrem direkten Umfeld. Vor allem ihre Ideen für eine demokratische Gesellschaftsordnung gehen mir nicht aus dem Kopf. Nach meinen Moralnormen sollte eine Idee für eine Gesellschaftsordung soziale und politische Menschenrechte gleichwertig verwirklichen.

MFG Ralf D.

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