Gerne noch ein krasses Beispiel:
Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges nehme ich Lanz wahr als sich einseitig und verantwortungslos gerierender Talkmaster und Arroganz-Spezialist, der plötzlich die Moral für sich entdeckt hat und den Eindruck hinterlässt, er spule - ohne Mandat - eine eigene Agenda ab, die da lautet:
- Energieembargo sofort, koste es, was es wolle - wobei er sich das schön redet mit Gästen, die das für machbar halten.
- Schnellstmögliche Lieferung auch schwerer Waffen an die Ukraine.
Talkgäste, die dieser Agenda entsprechen, läßt er gerne - unwidersprochen - ausreden, insbesondere, wenn sie seine Meinung ergänzen.
Talkgäste, die dieser Agenda weniger entsprechen, bügelt er gerne mit moralischen Argumenten, wenn nicht gar mit seinem Urteil unrealistisch bzw. naiv ab.
Was Lanz völlig abgeht, ist die Erkenntnis, dass die deutsche Regierung auch und insbesondere eine Verantwortung für Deutschland, seine Bevölkerung, seine Wirtschaft und seine Zukunft, aber auch eine Mitverantwortung für eine friedlichere und nicht eine kriegerischere Welt hat.
Bei Lanz hat man zudem den Eindruck, dass er sich für einen - immer richtig - handelnden Politiker hält: wenn er lange genug seine offensichtliche Agenda medial durchgedrückt hat und entsprechende politische Entscheidungen erfolgt sind, lehnt er sich gerne mal genüßlich zurück und klopft sich - erkenntlich, wenn auch unsichtbar - auf die Schultern! Was treibt diesen Mann wohl an?
Gerne lädt Lanz Gäste ein, die auch als Waffen-Lobbyisten unterwegs sind, und läßt mit ihnen im Chor das garstig Lied von immer mehr, immer tödlicheren Waffen erschallen. Weshalb er deren Lobbyisten-Status verschweigt, sagt alles aus, nur nicht Transparenz. So stellt er z.B. Frau Strack-Zimmermann in seiner Sendung am 2.6.2022 vor als „härteste Kritikerin von Scholz“. Natürlich fühlt diese sich anders geschmeichelt als wenn Lanz hinterfragt hätte, wie sich ihre Lobbyisten-Funktionen als Präsidiumsmitglied des Förderkreises Deutsches Heer (FKH) und der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik (DWT) vertragen mit ihren Positionen in der FDP als Mitglied des Bundesvorstands und der Bundestagsfraktion und im Bundestag als Vorsitzende des Verteidigungsausschusses. Eine Konstellation, die übrigens auch von LobbyControl kritisiert wird.
In Lanz' Sendungen Mitte April 2022 wird dann schon mal - realistisch? überzeugend? - erläutert: "Die Vereinten Nationen, die Türkei und die Europäische Union müssten Russland „mit aller Macht“ an den Verhandlungstisch bringen und den Abzug russischer Truppen aus Transnistrien, Georgien und Kaliningrad(?) fordern“!
Lanz, der übrigens gerne auch Fake-News verbreitet über seine Methode, einfach mal - scheinbar unbedarft - eine Frage „Stimmt das, dass …“ zu stellen, läßt seine ausgewählten Traumtänzer immer wieder auf dem Kriegspfad marschieren!
Diese Traumtänzer schwadronieren unter Lanz’ Regie auch schon mal von deutschen Soldaten in der Ukraine, wobei es Lanz übrigens „erstaunlich“ findet, dass so viele Menschen bei uns schon besorgt sind über die vielen Waffenlieferungen! Diese Traumtänzer fühlen sich gedanklich schon als Kriegspartei - wie der CDU-MdB Kiesewetter. Kein Wunder, dass dieser Kiesewetter gerne das Wort „proaktiv“ im Mund führt, auch gerne „unverzagter“ Waffen geliefert haben möchte und dem Kanzler bei Anne Will Landesverrat vorgeworfen hatte. Und diese Traumtänzer scheuen sich auch nicht - wie Röttgen -, durch ihre Forderung eines sofortigen Energieembargos für Deutschland den Absturz in ein deindustrialisiertes Land zu riskieren!
In seiner Sendung vom 4.5.2022 lies Lanz, bei der kritischen Diskussion der leeren Gasspeicher - Stirnrunzeln und erhobener Zeigefinger bei Lanz! - es Dauer-Talkgast Röttgen, unwidersprochen durchgehen, dass der zuständige Minister, der für die Energiewirtschaft in Deutschland verantwortlich war und bei der fehlenden Befüllung der Gasspeicher hätte eingreifen müssen, nicht benannt wurde! Warum wohl?
Es war übrigens der Ex-Wirtschafts-Minister und Röttgens CDU-Kollege Altmaier!
Auf was für eine Schlagzeile hat Lanz - warum wohl? - da verzichtet:
„Merkel und ihr zuständiger Wirtschaftsminister haben spätestens seit Herbst 2021 übersehen, dass Putin sich konkret auf einen Krieg vorbereitet - sonst hätte Putin ja nicht - unbemerkt? - die Gasspeicher leer gelassen.“
Röttgen ist übrigens auch hier wieder aufgefallen als einer, der gerne Fakten schönt bzw. unterdrückt.
Ein kleines Beispiel, wie trickreich Röttgen mit Fakten - unwidersprochen von dem scheinbar Röttgen-gläubigen Lanz - umgeht:
Den Hinweis von Wirtschaftsminister Habeck, dass man vorbereitet sei, wenn der Gashahn plötzlich abgedreht wird, interpretiert er um in „das ist machbar“, so als ob keine drastischen - ja unbeherrschbaren - Wirtschaftsrisiken damit verbunden wären.
Dass Lanz hier nicht - wie üblich - dazwischen grätschte, mag damit zusammenhängen, dass er in seinen vergangenen Sendungen über den Ukraine-Krieg - also in fast allen seit Kriegsbeginn - sich zum Rächer der deutschen Putin-Kriegsfinanzierer aufgeschwungen hat. Ungläubiges Staunen der Zuschauer!
Und schließlich läßt Lanz die naheliegende Frage, wer denn die offensichtlich problematische Privatisierung der Energieindustrie in Deutschland federführend vorangetrieben hat, ungestellt im Raum stehen. Wollte Lanz nicht oder kann Lanz gar keinen Investigativ-Journalismus?
Verräterisch ist auch die Auswahl der Talkgäste in diesen "Shows": so läßt Lanz unwidersprochen den Ex-Verteidigungminister De Maizière schwadronieren, dass Kanzler Scholz "Klartext reden oder schweigen soll"! Der Ex-Verteidigungsminister De Maizière, der auch heute noch als Unsinn abwehrt, wenn er neben Guttenberg und von der Leyen zu Recht als einer der Hauptzerstörer der Bundeswehr genannt wird. Ich bin gespannt, wann diese "Experten" auch noch in die Talkshows eingeladen werden.
Erneut darf Röttgen als Dauergast in Lanz‘ Sendung am 31.5.2022 unwidersprochen seine Sicht der Dinge verbreiten: Lanz läßt sich erneut von Röttgen eine ganze Serie von X für Us vormachen. Da paßt es doch gut, dass Lanz diesen Röttgen - gewissermaßen im Gegenzug für die Werbeeinblendung zu Röttgens neuem Buch - als seinen Faktenchecker - echt jetzt? - benutzt. Röttgen versteigt sich - ganz in der Manier eines Verschwörungs-Erzählers - gar in der Behauptung, Scholz habe eine heimliche Agenda für den Ukraine-Krieg. Da verwundert es auch nicht mehr, dass Röttgen dem Landesverratsvorwurf seines Parteikollegen Kiesewetter nicht deutlich widerspricht. Und welchen neuen Vorwurf kann man Röttgen jetzt machen?
Lanz hört sich das unwidersprochen an, stimmt beflissen Röttgens Vermutungen mehrfach zu und übt sich gar in eigenen, haltlosen Vermutungen.
Einen der Höhepunkte in Bezug auf Lanz Enttarnung als einer, der die Position der „mehr und immer tödlichere Waffenfraktion“ nicht nur innehatte, sondern diese auch unnachgiebig vertrat, war die Sendung mit Frau Prof. Guérot am 2.6.2022. Hat er doch, soweit er Frau Guérot überhaupt zu Wort kommen ließ und ihren Gedankenfluss nicht durch sein permanentes Dazwischengrätschen störte bzw. dies seinen anderen Gästen gerne zugestand, durch seine beliebte, aber durchsichtige Wortverdreherei-, Frage- und Unterstellungs-Technik ihr Verharmlosung unterstellt sowie sie auszuschalten versucht. Wenn das nicht reichte, hat er gerne - in Anlehnung an Frau Strack-Zimmermann - seinen moralischen Zeigefinger gestreckt, und versucht mit emotional vorgebrachten schlimmen Einzelschicksalen, die er - im Gleichklang mit Frau Strack-Zimmermamn - mit für sie offensichtlich einfühlsamen Begriffen wie „Abschlachten“ und „Vergewaltigen“ ausschmückte, sachliche Argumente der Gegenpartei abzuwürgen - weit entfernt von einer seriösen Diskussionskultur und doppelt moralisch zu verurteilen:
- einerseits, weil er hemmungslos Einzelschicksale für seine Sache instrumentalisierte,
- andererseits, weil er mit seinen Forderungen nach immer mehr und tödlicheren Waffen weiteres Leid der geschundenen ukrainischen Bevölkerung riskierte.
Ein neutraler, umsichtig und fair agierender Moderator war weit und breit nicht zu sehen, stattdessen ein gigantischer Grenzüberschreiter, was fairen, ausgewogenen Journalismus anbelangt.
Auch Lanz sollte endlich beherzigen: Lasst die Emotion nicht die Vernunft vor sich her treiben, sondern wägt sorgfältig ab! Auch wenn das Abwägen etwas Zeit braucht!
Treffend hat in der SZ vom 19.1.2023 Nele Pollatscheck in ihrem Artikel „Das ist nicht mehr mein Lanz“ das unsägliche Gebaren von Markus Lanz als „Talkmaster“ beschrieben. Wussten wir doch seit einem Jahr, was für ein arroganter Lümmel dieser meinungsstarke und häufig abseitige Meinungen vertretende Talkmaster-Simulant ist! Und daran hat sich bis heute nichts geändert.