MS2 schrieb am 13.04.2024 09:52:
„Die im Gegengraben“ gibt es genauso wenig wie es den Gegengraben selbst gibt.
Doch. Du sitzt genau in so einem verbalen Gegengraben.
Wandel durch Annäherung, eine Politik des Friedens und der Verständigung hebt eben grade keine Gräben aus, sie ebnet die Schützengräben vielmehr ein und schafft Möglichkeiten, Kraft und Ressourcen für etwas Besseres als Krieg und Kriegsvorbereitung (Aufrüstung) aufzuwenden und einzusetzen.
Das funktioniert genau so lange, wie alle Seiten diesen Wandel auch mittragen wollen.
Wenn eine Seite das nicht will, führt sie einfach trotzdem Krieg.
Und genau das ist Putins Programm.
Er lässt ja seine Propagandisten offen davon reden, dass der Rest von Europa ebenfalls in die russische Einflusssphäre gehört.
Und es ist in seinem Sinne. Wenn jemand etwas in einem russischen Staatsmedium sagt oder schreibt, das Putin nicht haben will, wird derjenige ganz schnell zurückgepfiffen.
Wandel durch Annäherung hat mit der Sowjetunion und der DDR gut funktioniert.
Mit Putins Russland funktioniert der Ansatz klar erkennbar nicht.
Zu guter Politik gehört, dass man klar erkennt, was unmöglich ist. Das Festhalten an einem Rezept, nachdem sich die Verhältnisse geändert haben und nur noch Scheitern herauskommt, ist schlechte Politik.
Und Putins Russland wird nicht wieder friedlich, wenn man ihm freundlich entgegenkommt, sondern es begreift das als Schwäche und wird weitermachen.
So wie Hitler damals bei den Vorbereitungen gegen Polen: "Unsere Gegner sind kleine Würstchen. Ich sah sie in München."
Mit Hunger, Armut, Klima und nicht zuletzt dem Leid, das die vielen Kriege jetzt und in der jüngeren und weiteren Geschichte verursacht haben, gibt es genug, was ohne waffenstarrendes Kriegsgeschrei und Kriegshandeln besser zu machen wäre.
Das ist völlig richtig.
Doch leider gibt es, ganz offensichtlich, zu viele Opfer der Kriegspropaganda, die unsere Machteliten in Dauerschleife aufs Volk ergießen
Vergiss bitte die russischen Machteliten nicht.
Die tut das gleiche, nur noch viel umfassender und schon an den Schulen.
- das Volk, das am Ende in den Schützengräben, die sie verbal ausgehoben haben sitzen und sich verstümmeln und töten lassen soll. Die Protagonisten der Kriegspropaganda werden jedenfalls voraussichtlich nicht an der Front stehen, es sollen vielmehr auch unsere Söhne und Enkel sein. Wie wäre es da mal mit aufwachen?
Ich kann dir sagen, welches Szenario unsere Nachkommen in echten Schützengräben sehen wird: Wenn wir Russland gewähren lassen.
Dann werden die Grenzstaaten wissen, dass sie sich im Zweifelsfall nicht auf die westliche Unterstützung verlassen können. Es wird Politiker geben, die sich von Russland vereinnahmen lassen und offen für einen Austritt aus NATO und EU werben, um sich Russland anzuschließen; das wird nicht reichen, um das auch durchzusetzen, aber es wird reichen, Russland einen Vorwand zu liefern, Separatisten mit Waffen und Geld zu unterstützen und am Ende "zum Schutz der einheimischen Bevölkerung" einzumarschieren, und der betroffene Staat wird gar nicht erst einen Bündnisfall ausrufen, weil die Bevölkerung dann "endlich Frieden" haben will.
Da, wo sich Russland verkalkuliert und der betroffene Staat doch kämpfen will, sitzen dann unsere Nachkommen im Schützengraben, auf prorussischer Seite gern auch per Beschiss zwangsrekrutiert, wie es die Russen mit den ethnischen Nichtrussen machen.
Wirtschaftlich wird Russland immer mies dastehen, aber mit jedem Sieg erobern sie Land, das sie für den nächsten Einsatz plündern können. Solange die einfachen Bewohner einfach mit "es ist russische Größe, im Leiden standhaft zu bleiben" ruhiggestellt werden können, wie sie es heute in Russland machen, kann das funktionieren. Es ist sogar mit Hungersnöten zu rechnen, denn Russland wird das Korn lieber für Devisen exportieren, die es für den Import kriegswichtiger Güter dringend braucht, als seine Bürger zu ernähren.
Wenn wir Russland nicht gewähren lassen, fliegt es hochkant aus der Ukraine.
Der Schock hat eine kleine Chance, die jetzige imperialistische Clique aus ihren Machtpositionen zu vertreiben.
Wenn die Clique an der Macht bleibt, wird sie sich so schnell nicht wieder anzugreifen trauen. Sie wissen dann, dass der Westen die russischen Truppen einfach aufreiben wird.
Schon die Römer haben das gewusst: "Willst du Frieden, mach dich kriegsbereit."
Das ist schlimm.
Nicht der Spruch. Der ist zwar scheußlich zynisch, aber eben leider wahr.
Schlimm ist, dass der Spruch in viel zuvielen Weltgegenden immer noch wahr ist.
Er hatte seine Gültigkeit verloren, als weder die EU noch Russland ernsthaft am Kriegführen interessiert waren. Das war eine schöne Insel des Friedens, und es war wichtig und richtig, diese Zeit zu genießen, solange sie gedauert hat.
Jetzt ist die Situation nicht mehr da, und solange Russland weiter Krieg führen will, wird die schöne friedliche Zeit nicht wiederkommen, egal, was wir tun. Und dann können wir genausogut aufrüsten, denn die Alternative ist Dominanz durch Russland, und die wirtschaftlichen und menschlichen Opfer, die uns das abverlangen wird, sind viel, viel schlimmer als die gelegentlicher Kriege, denn diese Opfer werden nicht aufhören, solange Russland über Europa dominiert.