ollid schrieb am 03.11.2024 14:19:
Das geht in Deutschland relativ schnell, solange man nicht verheiratet ist und Kinder hat, so dass das Einkommen für mehrere Personen zählt.
Chefarzt oder Chefingenieur als Single reicht. Oder mittelmäßig erfolgreicher Entertainer oder Geschäftsman.
Kommt ggf. noch darauf an, ob man das Brutto oder Netto rechnet, und ob man noch ein Haus geerbt hat.
Und wie oft kommt das vor?
Genau. Bei 1% der Menschen.
So einfach, wie du dir das vorstellst, ist es also nicht.
Aus dem Nähkästchen: Selbst eine gute Ausbildung garantiert kein Einkommen von 130.000 p.a.
Auch Ingenieure landen eher bei 80.000, und das sind auch schon nicht mehr die Berufsanfänger.
Ist also nix mit "wiesoho, es ist doch nicht schwer, superreich zu sein".
Auch ein Bauer welcher das Glück hat seine 100ha Ackerland nicht pachten zu müssen ist schnell mal Superreich.
Zumindest nach Besitz. Schließlich sind das alleine an Grundbesitz mal eben 20 Millionen.
Der kann sein Land zu Geld machen, wenn es 20 Mio Wert ist.
Und es erbt nun mal nicht jeder 100 ha Ackerland.
Superreich, Luxusjacht, Privatjet und das reiche 1% werden in der Studie zusammengeschmissen, um zu dramatisieren. Es gibt in Deutschland weniger als 1000 Privatjets. Da reden wir bei den Besitzern tatsächlich nur von den reichsten 0,1% der Deutschen.
Sicher, da wird auch dramatisiert.
Aber das tun die Superreichen und die einfach nur Reichen auch, sobald jemand auch nur das böse Wort "Steuern" in den Mund nimmt. Da wird dann gleich von Enteignung gesprochen; dabei sind Einkommen oberhalb von 100.000 nur durch die Arbeit Anderer möglich. Mal darüber nachgedacht, dass auf jeden Star mit einer sechstelligen Gage eine Heerschar von schlecht bezahlten Bühnenarbeitern kommt? Wären die Einkünfte danach verteilt, wie viel Mühe jeder Teilnehmer auf die Aufführung aufwendet, dann wäre die Stargage eher fünfstellig und die Bühnenarbeiter bekämen ein anständiges Gehalt.
Und da der Markt das nicht regelt - wer außer dem Staat soll das tun? Wenn Steuern unfair sind - wie anders soll es geregelt werden?
Und die Deutschen sind global betrachtet so wohlhabend, das wenn man die global reichsten 10% nimmt, und zum Verzicht auffordert, noch viel mehr Deutsche betroffen sind.
Wenigstens ein Drittel der weltweit 820 Millionen Reichen versteckt sich unter den Einwohnern der sogenannten "Ersten Welt". In Deutschland ist das damit schnell mal ein Viertel der Bevölkerung. Also Hand hoch, wer will verzicht üben und auf Einkommen verzichten?
Ethisch wäre Verzicht schon das Richtige.
Praktisch umsetzbar ist es nicht. Bloße Umverteilung fördert im Zielland nur die Korruption.
Ich hoffe ja darauf, dass die Ukraine zum Modellfall wird. Die hatte vor dem Krieg ein riesiges Problem mit Korruption, jetzt versucht sie, die Korruption abzuschaffen, um in die EU und in die NATO reinzukommen. Also, nicht abzuschaffen, das wird auch dort nicht gelingen, aber zumindest auf ein EU-kompatibles Niveau zu bringen.
Aber... na ja. Mal schauen, ob und was da überhaupt wird. Vielleicht klappt das, vielleicht auch nicht, und erstmal müsste die Ukraine den aktuellen Krieg überstehen.
Sollte es klappen, könnte die EU mit einem ganz anderen Selbstbewusstsein auf andere Nachbar zugehen und dem Obermotz sagen: Schau mal, wenn du dich den EU-Regeln unterwirfst, kriegst du persönlich nicht mehr diese Mengen an Geld, aber das meiste davon musst du sowieso deinen Herrschaftsstützen abgeben und obendrein lebst du permanent in der Furcht vor einem Umsturz, willst du nicht auf EU-Linie und die Dankbarkeit der (jetzt) Armen ernten? Arabische Kulturen haben das Konzept der Hilfe für die Armen, da könnte das schon kulturell attraktiv sein - mal gucken, ob es dann in Marokko funktioniert? Der marokkanische König wird stark von Islamisten bedroht, beispielsweise.
Aber so ein Vorgehen muss natürlich sehr, sehr klug organisiert sein, das allein senkt die Erfolgschancen. Und man muss wissen, wer die Gegner sind, und deren Manöver selber wieder ausmanövrieren, das ist nicht leicht und hat schon viele gutgemeinte Initiativen gekillt. Es wäre also riskant.
Ungleichheit beim Reichtum ist kein Umweltproblem, sondern ein rein soziales Problem. Wir würden die Umwelt nicht automstisch weniger versauen, wenn die Einkommen fairer verteilt wären. Eher das Gegenteil. Die Reichen sind eher bereit und in der Lage mehr Geld für ein gutes Umweltgewissen auszugeben. Jemand der einen Ferrari für 1m Euro fährt, macht auch E-fuel für 4 Euro den Liter nichts.
Oh, die Reichen betreiben dafür in ganz anderen Dingen Umweltsauerei, und das überkompensiert das.
Die fliegen mehr, allein das überkompensiert die E-Fuel-Bereitschaft.
Jetzt mal davon abgesehen, dass E-Fuel selbst eine Umweltsauerei ist. Für die Herstellung wird Strom verbraucht, der für ganz andere Dinge wichtiger wäre.
Im übrigen lebt das ärmste 1% auch nicht unbedingt so "umweltfreundlich" wie es die Zahlen vorgeben. Gerade der Teil in den wirklich armen Gebieten der Welt.
Abholzung und totale Entwaldung für Küchenfeuerholz, und Deserfikation aufgrund von extremer Überweidung fließen in die Statistik nicht rein, da formal regenerativ und nachhaltig. Nur hat sich die Bevölkerung, auch dank westlicher Medizin, Nahrungshilfen, Tiefbrunnen,... lokal leider so weit vermehrt, das es die Umwelt nicht mehr aushält. Und all die Menschen dort wollen auch nicht das wir so arm werden wie sie, sondern das sie so reich werden wie wir.
Das ist eher Staatsversagen. Wenn der Staat den Menschen nicht die nötige Infrastruktur zur Verfügung stellt, bedienen sie sich eben an dem, was da ist. Wer morgen verdursten würde, geht eben heute zum Brunnen und senkt den Grundwasserspiegel weiter, weil es für den einfach keine Alternative gibt.
Aber setzt die Leute auf Hartz4-Niveau und die Infrastruktur wird gebaut. Die haben dann genug Geld, um sich Wasser und Essen aus nachhaltigeren Quellen herankarren zu lassen, und damit dann sogar Zeit, persönlich bei Infrastrukturprojekten anzupacken.
Das ist der Unterschied zwischen arm und bettelarm. Bettelarm lebt von der Hand in den Mund und hat einfach keine Wahlmöglichkeiten mehr.
(Übermäßiger) Reichtum bedeutet nicht automatisch das die Umwelt mehr geschädigt wird, auch wenn es ein ernsthaftes soziales Problem ist.
Doch. Der übermäßig Reiche erschlägt die von ihm verursachten Umweltprobleme mit Geld und glaubt, er würde keine mehr verursachen.
Und fliegt dann fünfmal im Jahr statt einmal alle fünf Jahre und glaubt, mit dem Klimabeitrag auf dem Flugticket sei das abgegolten - wenn er das Geld überhaupt ausgibt, und wirksam ist es sowieso nicht, diese Umweltspenden sind allesamt wenig wirksam, viele sogar einfach nur Greenwashing.
Und: Ein Bauer hat nur einen Sohn, und vererbt sein Land an Diesen. Ein anderer Bauer hat 10 Söhne, und die müssen sich das Land teilen. Nun kommen die 10 Söhne zu den einen und beschweren sich: Was hast du 10 Mal mehr als wir? Gib gefälligst was ab, du zu viel besitzende, asoziale Umweltsau! Hinter Ungleichheit stecken oft auch gar nothersicht so einfache moralische und wirtschaftliche Probleme.
Erbschaften sind amoralisch. Die Erben haben nichts dafür getan als mit dem goldenen oder Löffel im Mund geboren zu sein.
Nichts dagegen, seinen Kindern etwas Gutes zu tun.
Aber überzogene Erbschaften sind halt nicht in Ordnung. Die Erbschaftssteuer hat in den USA mal 90% betragen - mit einem ordentlichen Freibetrag, Omas Häuschen muss man nicht unbedingt wegbesteuern, außer das "Häuschen" ist ein Luxusappartement in bester Lage - es gibt jede Menge anderer Menschen, die im Leben mehr für die Gesellschaft getan haben und es mehr verdienen, sich dieses Appartement leisten zu können. So viel "beste Lage" gibt es in einem Land ja nicht.
Um das nachzuvollziehen, muss man wissen, was Geld ist: Ein Leistungsversprechen der Menschen im Land.
Habe ich 1.000 Euro, sagt der Staat, habe ich Anspruch auf Dienstleistungen und Güter im Wert von 1.000 Euro. Und so ein Anspruch kann sich nur auf eigene Leistungen der Vergangenheit berufen, nicht darauf, dass der Vater mal so eine Leistung erbracht hat.
Jetzt mal davon abgesehen, dass kein Mensch in seinem Leben genügend Leistung erbringen kann, dass ihm eine Gegenleistung im Wert von 10 Millionen zustehen kann. Bei einem Medianeinkommen von (großzügig aufgerundet) 50.000 und Median-Lebenshaltungskosten von (abgerundet) 20.000 kann ein Mensch jährlich um die 30.000 entweder sparen oder ausgeben; über über ein Arbeitsleben von (ebenfalls aufgerundet) 50 Jahren kommen so 50*30.000 = 1,5 Millionen zusammen.
Wer 10 Millionen vererbt, halt also das knapp Siebenfache des Median erwirtschaftet. Und niemand erzählt mir, er würde das Siebenfache des Median leisten. Der hat Einnahmen, die seine Verdienste um ein Vielfaches übersteigen.
Und selbst wenn dann, ganz demokratisch, oder mit der Gewalt der Mehrheit, eine Umverteilung der Ackerflächen durchgesetzt wird, wird das ohne allgemeine Verhaltensänderung, auch der Armen das Problem nicht dauerhaft lösen.
Oh, das ginge schon.
Die Ackerflächen können ja in staatliches Eigentum gehen und die Erben müssen sie pachten.
Derartige Modelle gibt es nicht nur, sie sind sogar ausprobiert worden. Das Land gehört dem Staat, er verpachtet es, und die Pacht erlischt mit dem Tod - die Erben können in das Pachtverhältnis eintreten, aber das war's.
Und letztlich müssten die Einkünfte so besteuert werden, dass mehr als das - Hausnummer! - Vierfache des Median gar nicht erzielbar ist.
Aber... derartige Modelle sind von den Gierigen immer rasch wieder abgeschafft worden. Entweder haben sie sich mit ihrem Geld Einfluss erkauft, oder sie haben einen Umsturz organisiert.
Jedenfalls haben die Armen und sogar die nicht so Reichen das nie verhindert.
In den USA gab es mal einen Erbschaftssteuersatz von 90%. Der ist durch wahnwitzige Hypothesen wie Trickle-Down und "Unternehmer gehen doch Risiken ein" (nur die Alleinunternehmer, die sowieso extrem selten sind) nach und nach wegargumentiert worden.
In Deutschland wird die Erbschaftssteuer gar nicht erst erhoben. Der Aufwand ist höher als der Ertrag. Angeblich - ich WETTE, das ist auch schlechtgerechnet worden. Und wenn's stimmt, ist das Problem nicht, dass die Erbschaftssteuer einzutreiben nicht lohnt, sondern, dass sie zu niedrig ist.