Ich arbeitete mal in den 90ern als Casting-Redakteur für diverse private Sendeformate des Trash-TV. Und manches mal war es damals zäh, Leute hinter dem Ofen weg zu locken, um sich in irgend nem TV-Format zum Affen zu machen, für Umme oder nen kleinen Bakschisch. Aber irgendwie gings und lief so gut, das ich mir nen Ferienhaus in Belgien kaufte. Dort, sehr ländlich gelegen, sprach sich irgend wann rum, was so mein Job war. Und ich lernte so manchen fanatischen Famous-Jäger for 5 Minutes kennen- Das ging von der Hotelbesitzerin zwei Dörfer weiter, bis hin zum Stadtrat der Gemeinde St. Vith, und vielen anderen.
Was die Teilweise für einen Affentheater veranstalteten, um nur kurz winkend irgendwo im Hintergrund einer TV-Sendung erscheinen zu können, 100e Kilometer Anreise auf Selbstkosten, Stunden in einem stinkenden Produktionsbus, um dann in einem ätzenden Studio in Amsterdam-Aalsmeer oder Hilversum zu landen, um bei einem dümmlichen TV-Format im Publikum zu sitzen, oder oder ... hat mein Menschenbild schon früh geschädigt, und seit dem wundert mich nix mehr.
Einer meiner besten Freunde ist wissenschaftlicher Mitarbeiter einer deutschen Universität, und hat tief durchdrungen das Selbstvermarktungs-Prinzip von fratzenbuch und anderen social medias kompetent durchdrungen und verinnerlicht. Noch hoffe ich, das es nur ein Selbstversuch für ein Buchprojekt ist ... Wer weniger als 300 falsche Freunde da hat, ist raus. Tägliches posten auch von banalstem ist Pflicht, wegen der Likes. Sex sells, Inhalte nerven.
Aber, auch mir war schnell klar, als ich 2007 mein facebook-Profil und viele andere einrichtete, das wird mich irgend wann langweilen. Die Umzüge, die ich seit dem hatte, wurden angenehm durch geschickte Orga und Freunde aus dem echten Leben, oder einfach bezahlen an freundliche Umzugshelfer. Ein oder gar mehrere darüber informierter "facebook-Freund" war nie dabei. Einmal startete ich ein Experiment, und lud zusätzlich zu meinen Freunden aus dem echten Leben via facebook alle verlinkten "Freunde" zu einem Geburtstags-Pichnick im FHain ein - ein einziger dieser 200 "Links" kam, und ich wußte natürlich nicht, wer er war, und entsprechend hölzern war die Kommunikation und nach ner Stunde ging er wieder - er hatte schlicht mit mir und meinen Freunden nichts zu tun, er war ein Link ...