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  • kreien2

530 Beiträge seit 29.03.2020

Wo ist denn die Faszination Handwerk?

Der Fachkräftemangel im Handwerk ist hausgemacht.

Ich habe als Kind (verbotenerweise) auf Baustellen gespielt, mich in abgestellte Straßenbaumaschinen gesetzt (Asphaltfertiger, Straßenwalze, Knicklader), die hatten damals alle ein offenes Führerhaus. Du konntest als Kind in den 1970er-Jahren den Bauarbeitern zuschauen, dich mit Abstand daneben stellen, wenn der Facharbeiter gut drauf war, hat er dir was erklärt oder Fragen beantwortet.

Ich fand als Grundschüler daher Rohrleitungsbau im Tiefbau superspannend. Mein Lieblingsfach war Werken.

Der erste Elektronik-Experimentierkasten (Philips) hat den Berufswunsch Richtung Elektro korrigiert. Im Bürgerhaus Bremen-Vegesack gab es eine Elektronik-Bastelgruppe, es gab jede Menge technisch-gewerblich ausgerichteter Volkshochschulkurse von Handwerksbetrieben und Berufsschulen (Abends wohlgemerkt). Autogen-Schweißen und Mikroprozessortechnik waren dabei.

Wie sieht die Situation heute bei meinen Kindern aus?

a) Eine jede Baustelle ist ein Hochsicherheitsbereich. Angebote für Kinder vor Ort, um eine begleitete Baustellentour zu machen, sind unbekannt.

b) Mir ist auch keine regelmäßige Veranstaltung von Bauunternehmen bekannt, die dem Nachwuchs Erdbewegungsmaschinen erklärt bzw. den potenziellen Nachwuchs mal ranlässt. Es gibt so Events via Jochen Schweizer für Erwachsene, die was Ähnliches zum Gegenstand haben.

c) Meine Kinder hatten kein Fach Werken, die Schule ist per se ein technikfeindlicher Ort, alles was mit Laberfächern zu tun hat, ist toll. Alles mit MINT, ist scheiße, so der Tenor. Ich wollte als Elternteil eine Fahrradtechnik AG gestalten, ist am Widerstand irgendwelcher Helikoptereltern gescheitert, zum Schluss wurde mir von besorgten Eltern mit einer Anzeige gedroht, weil ich kein Zweiradmechanikermeister bin. Schade, muss eben jemand anderes den Kids zeigen, wie man einen Reifen flickt.

d) Es gibt keine ernst zu nehmenden Elektronik-Experimentierkästen mehr, wenn, dann als Nischenprodukt, auch keine Metallbaukästen und Fischer-Technik ebenfalls nicht.

e) Yps mit Gimmick, diese Comics werden ab und zu mal für die Generation Ü 50 wiederbelebt, unsere Kids werden nicht zum Basteln animiert.

f) Du darfst als Kunde keine Werkstätten betreten, als Kind schon gar nicht – das ist ein geschlossener Bereich.

g) Die Volkshochschule bietet mittlerweile fast ausschließlich Kunst, esoterisches Zeug, Sprachen und irgendwelche Laberfächer an, Technik findet dort nicht mehr statt.

h) Ich habe selten erlebt, dass Handwerksmeister ihr Gewerk als Berufung ausgestalten und aktiv nach außen vertreten, Nachwuchswerbung betreiben und sich fachlich in die Gesellschaft einbringen. Eigentlich geht es nur ums Jammern und rücksichtslose Gewinnerzielung.

Das kann man als Gesellschaft und vor allem als Handwerk so machen, nur attraktiv und sympathisch kommt das nicht rüber.

Wo bitte soll der Funke überspringen?

Aber, es gibt auch löbliche Beispiele, die Hoffnung machen, siehe z. B. hier: https://kompetenz-schmiede-harbut.de/zauber-schmiede

Zauberstab schmieden, ... Schweißkurse für Kinder und Jugendliche – so geht das!

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (12.09.2022 21:03).

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