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  • Pnyx (1)

mehr als 1000 Beiträge seit 01.07.2017

Einspruch

Es wäre aber ebenso Augenwischerei zu behaupten, Deutschland und Frankreich hätten alles getan, Kiew zu einer Umsetzung des Vertrags zu bewegen. Es fehlte auf beiden Seiten an einem echten Willen, die Vereinbarung als Basis einer dauerhaften Friedenslösung zu nutzen.

Bathon schildert das arglos. In Wirklichkeit - und das ist beweisbar - hat sich seit 2014 die nato in der Ukraine eingenistet und hat massgeblich geholfen, den noch ukrainisch beherrschten Teil des Dombass zu einer vielgliedrigen Festung auszubauen, zunehmend auch offensive Kapazitäten aufzubauen. In den letzten Tagen vor dem russischen Angriff nahm der ukrainische Beschuss der beiden abtrünnigen Entitäten massiv zu. Das lässt sich auch aus den letzten Tagesberichten der OSZE-Mission unschwer rekonstruieren. Das war die erste Aktivphase des lange geplanten Angriffs, dem Russland dann zuvorkam. Es gibt auch entsprechende Ankündigungen Selenskis.

Deutschland und Frankreich hatten nie vor Minsk II durchzusetzen, sie haben es, in Kollusion mit der ukrainischen Regierung, aktiv hintertrieben. Im Vertrag ist übrigens durchaus eine Reihenfolge der Schritte festgelegt. An dem hats nicht gelegen.

Ja, die nato hätte all die Mitglieder nicht aufnehmen müssen. Aber sie wollte es, es gibt Thinktank-Texte, in denen das Ziel, Russland einzukreisen und schliesslich zu zerstückeln, nicht gerade so direkt, aber doch recht deutlich zum Ausdruck kommt. Die u.s.-NeoCons und mit ihnen die europäischen Revanchisten waren mit den 1989er-Umwälzungen längst nicht zufrieden. Der erste logische Schritt - die Ausweitung der nato bis zu den Grenzen der ehemaligen Sowjetunion und darüber hinaus. Ersteres hätte Putin wohl noch hingenommen, zweiteres nur noch mit hörbarem Grollen im Fall des Baltikums. Das war schon in den Neunzigern bewährten kalten Kriegern, die aber ins realistische Lager gehören, völlig bewusst, etwa George Kennan. Er und andere wandten sich daher klar gegen eine nato-Erweiterung, speziell eine Aufnahme Georgiens und der Ukraine, das ihnen klar war, dass dies zum Krieg führen würde.

Die Verhandlungen, die auch Bathon erwähnt, wurden klar auf Geheiss von Boris Johnson in einem bereits weit fortgeschrittenen Stadium abgebrochen. Zu jenem Zeitpunkt wäre der Preis, den Putin für Frieden forderte, noch sehr mässig gewesen, wie auch Bathon feststellt. Westliche Hybris hat inzwischen Hunderttausenden das Leben gekostet.

In der Tat ist der historische Exkurs Putins wenig überzeugend. Seine Ausführlichkeit zeigt, dass er in extremer Weise bestrebt ist, ein Legitimationsnarrativ zu verankern. Dies richtet sich eher nach innen als nach aussen. Es ist nie einfach, eine Bevölkerung von der angeblichen Notwendigkeit eines Krieges zu überzeugen. Umso absurder sind die aktuell im Westen oft zu hörenden nassforschen Versicherungen, spätestens in einigen Jahren werde Putin nato-Staaten angreifen. Wie würde er dafür die eigene Bevölkerung gewinnen? Was wäre der Sinn der Übung? Welche Vorteile würden den gigantischen Aufwand, die unabsehbaren Risiken rechtfertigen? Geht es nicht schlicht darum, die eigne, westliche Bevölkerung hinter die Fichte zu führen um viele weitere Milliarden für militärische Zwecke locker zu machen?

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (17.02.2024 01:34).

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