Ich möchte zunächst mal den „Querdenker Gegenprotestlern" unterstellen, dass ihr Grundanliegen und ihr Verhalten tatsächlich von Fürsorge und Solidarität geprägt ist.
Im März und Anfang April 2020 hatte auch ich mich noch nicht so richtig positioniert bezüglich Corona und der Maßnahmen. Aber als klar war, was der Lockdown z.B. für die Bewohner*innen der Altenheime bedeutet, war ich der festen Überzeugung, dass die komplette linke Bewegung, gegen diese unmenschlichen, völlig unverhältnismäßigen und menschenverachtenden Bestimmungen das Wort erheben würde. Aber mitnichten. Sie fanden die Maßnahmen richtig und wenn ich auch nur einen Hauch von Kritik äußerte, war ich Schwurblerin. Das ist bis heute so.
Die "linken" (linke Bewegung) hätte schon lange damit beginnen müssen die Maßnahmen zu kritisieren. Auch das Hinterfragen der Zahlen und alles was damit zusammenhängt, wäre ihre Aufgabe gewesen. Und man kann durchaus auch Maßnahmen unterstützen und gleichzeitig Kritik üben wo sie angebracht scheint, ohne in Verdacht zu geraten mit den "Rechten" den Schulterschluss zu üben.
Viele meiner Arbeitskolleg*innen in der Pflege sind sehr kritisch eingestellt bezüglich der Corona Maßnahmen der Bundesregierung, weil wir sehen was es in den Altenheimen anrichtet. Und der größte Teil von ihnen ist eher nicht politisch engagiert und ideologisch weit weg von der AfD. Aber Kritik an unverhältnismäßigen, autoritären Maßnahmen zu üben macht sie für Linke automatisch zu Schwurbel. Das ist so absurd. Wenn mir vor Corona jemand dieses Szenario voraus sagen hätte wollen, hätte ich ihn oder sie ausgelacht mit dem Satz „du hast doch nicht die geringste Ahnung was links sein tatsächlich bedeutet“. Mittlerweile weiß ich selbst nicht mehr was es bedeutet.
Ich warte jetzt darauf, dass es linken Soziologen „nach Corona“ gelingt das irrwitzige kollektive Verhalten der „linken Bewegung“ zu analysieren. Ich hoffe dass es dafür eine menschliche Erklärung gibt. Vielleicht kann ich dann meinem Frieden damit machen.