Koinobori schrieb am 13.10.2020 12:16:
„Enorm gestärkt würde die Gesprächsbereitschaft Russlands im Falle der Aussicht auf Anerkennung der Halbinsel Krim als traditionell russisches Gebiet, von der Bevölkerung zu bestätigen durch eine international überwachte Volksabstimmung.“
Der Autor hat wohl nicht mitgekriegt, dass internationale Beobachter zur Volksabstimmung 2014 auf der Krim eingeladen waren, sich aber geweigert hatten zu kommen, damit der Wertewesten hinterher behaupten konnte, die Abstimmung wäre nicht sauber gelaufen und also ungültig.
Was für einen Sinn sollte es haben eine Abstimmung zu wiederholen, an deren Korrektheit keine begründeten Zweifel bestehen?
Ich dachte zuerst noch, es wäre Ironie, aber Sie meinen das offensichtlich wirklich ernst.
Auch zu den Volkskammerwahlen wären keine internationalen Beobachter gekommen, weil es nichts zu beobachten gab, was nur im entferntesten demokratischen Standards entsprach.
Ich kann Ihnen ja mal ein paar Stichpunkte begründeter Zweifel nennen, die u.a. ein Grund für die UNO-Resolution war, die mit überwältigender Mehrheit im Vorfeld der Abstimmung angenommen wurde, und eine Abstimmung untersagte. Aber völkerrechtliche Details brauchen wir ja nun nicht wirklich mehr zu erläutern, der Völkerrechtsruch russlands ist ja unstrittig.
Hier die Gründe für die Zweifel:
Das Krimparlament wurde im Vorfeld von Bewaffneten besetzt, so dass überhaupt erst der Beschluss zu diesem sogennanten Referendum zu Stande kam. Das nennt sich Putsch. Das Parlament hatte überhaupt nicht die Legitimation über solche Dinge zu entscheiden.
Wählerlisten wurden von der Ukraine nicht heraus gegeben, so dass ohne gültige Wählerlisten abgestimmt wurde. Das kann jede Bananenrepulik besser.
Bewaffnete haben die Krim völkerrechtswidrig besetzt und ukrainische TV-Station abgeschaltet und Wahlwerbung für einen Verbleib bei der Ukraine war nicht möglich.
Es war nicht mal im Ansatz genug Zeit vorhanden, um die Wahlberechtigten über das Referendum und die Entscheidungen dazu ausreichend zu informieren. Das war aber natürlich auch nicht gewollt. Man stelle sich vor, in Deutschland würde man innerhalb weniger Wochen, über Grenzveränderungen und ähnliches abstimmen müssen. Ein Unding.
Die Fragestellung des Referendums war nicht eindeutig und ein Verbleib beim Status Quo stand gar nicht zu Wahl, nämlich bzgl. der Autonomie die die Krim genoss. Die sie nach der Annexion übrigens komplett verloren hatte.
Die Krimtartaren haben genau aus oben genanntem Grund die wahl boykottiert. Auch wurde im Russland nach der Annexion vor dem IGH erfolgreich bzgl. der Diskriminierung der Krimtartaren verurteilt.
Das nur als ein paar wenige Punkte, warum es nicht nur begründete Zweifel gab, sondern dieses ganze sogenannte Referendum eine einzige Farce war.
Übrigens hatte auch Adolf HItler über die Annexion Österreichs abstimmen lassen. Raten Sie mal wie das Ergebnis war?
Jetzt raten Sie noch mal, warum man den Anschluss Österreichs nicht als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts der Völker interpretiert hat, sondern als Annexion, was es auch war.
Ich hoffe sie kommen selbst drauf.
Was für einen Grund sollte Russland haben den Status der Krim infrage zu stellen? Er ist bereits in Gesetz und Zement gegossen.
Das gäbe es viele Gründe. Die Welt interessiert sich nicht für irgendwelche russischen Gesetze. Deswegen erkennen auch so gut wie keine Nationen der Erde die Krim als russisches Territorium an. Das hat diverse negative Folgen für die Krim selbst. Da wären z.B. die Dürre, durch die gekappte Wasserversorgung der Ukraine, die die komplette Landwirtschaft zum erliegen gebracht hat. Der Zusammenbruch des Tourismus,abgesehen von russischen Gästen.
Die Sanktionen gegenüber Russland, die das Wirtschaftswachstum nachhaltig gedämpft hat und vieles mehr.
Ein Blick nach Abschasien kann hilfreich sein, wie die Zukunft der Krim aussehen wird.
Und weshalb sollte Russland glauben, dass die Interessen von USA/NATO heute anders wären und das Verhalten der OECD heute anders wäre als vor 6 Jahren?
Was Russland glaubt oder nicht, interessiert die Welt eher weniger. Aber die Krim gehört nun mal völkerrechtlich zur Ukraine und nur weil Russland glaubt, es besitzt irgendwelche Rechte an dieser, ist das nicht das Problem der Welt.
Die Ukraine ist ein freies Land und kann sich frei entscheiden welchem Wirtschaftsraum es beitreten möchte oder nicht.
Aber ich gebe zu, Russland besitzt nun mal keine historische Erfahrung, mit souveränen Nationen in der Nachbarschaft. Somit scheint heute auch noch irgendwie dort der Glaube zu herrschen, man hätte ein Recht über diese Nationen zu bestimmen.
Hätte man vor Jahren der Ukraine nicht den NATO-Beitritt verweht und/oder hätte die Ukraine nicht die Atomwaffen abgegeben, wäre es nie zu dieser Annexion gekommen. Aber zumindest hat die Welt jetzt gelernt, was man von vertraglichen Verpflichtungen von Moskau halten darf, nämlich gar nichts.
Meine Güte!
Ich dachte immer, für das Schreiben politischer Artikel sei ein Minimum an politischem Wissen und politischem Begreifen eine Grundvoraussetzung.
Für Beiträge in diesem Forum ist das ja nun nachweislich, wie gerade belegt, nicht Grundvoraussetzung.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (14.10.2020 00:47).