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  • Rkahr

mehr als 1000 Beiträge seit 25.04.2023

Re: ein EU-weites Hochgeschwindigkeitsnetz ist klimapolitisch sinnvoll

Ich kann mich mal eintaggen.

Den Leuten, die von Hochgeschwindigkeit schwadronieren, gehört eine eingeschenkt, dass es sie legt. Es gibt keinen besseren Weg, die Bahn und ihre positiven Effekte permanent und mutwillig zu zerstören, als auf Hochgeschwindigkeit zu setzen.

(Zum Vergleich: Wenn dieselbe Nase behauptet, die meisten Trips seien Kurzstrecke und mit dem Auto, kann man gleich antworten, dass deshalb DIE Priorität vor noch einem Geschenk an die 1% liegt.)

Wer das Ganze nachhaltig gestalten will, muss etwas zwingend begreifen. Es funktioniert über die kleinen Netze, und nicht einmal die haben wir zusammengeschlossen. Wir brauchen einen gemeinsamen Standard. Hochgeschwindigkeitsstrecken sind das Nonplusultra. Erst wenn man eine kleine, normale, schnelle Strecke hinbekommt, kann man sagen: Okay, wir wissen, wie es geht, lasst uns das Wissen anwenden.

Also, was braucht man, um einen Hochgeschwindigkeitszug fahren zu lassen?

Gleiche Spurweite
Gleiche Elektrifizierung
Gleiches Zugleitsystem
Gleiche oder zumindest ähnliche Endnutzererfahrung

So, jetzt heult der 1%-Balg, dass er aber Highspeed will, und zwar am besten sofort. Machen wir das wie bei einem Kind, das einen Wutanfall hat: ignorieren.

Also, gleiche Spurweite sollte klar sein. Europaweit, bis auf die Iberische Halbinsel und das Baltikum, haben wir uns auf 1435 mm geeinigt. Die Iberische Halbinsel hat 1668 mm und die Ex-Sowjet-Staaten haben 1520-1524 mm. Das verbietet es zum Beispiel, einen Zug von Portugal nach Riga zu nehmen, der richtig schnell ist. Man könnte jetzt sagen: Gut, dann machen wir die Räder halt so, dass der Zug auf allen drei Spurweiten läuft.

DAS ist unter Bahnfreunden noch ein lösbares Prinzip. DAS verlangt nur, dass wir 1520 mm, 1524 mm und 1668 mm rausreißen, den Bahnverkehr bei denen komplett blockieren und ihnen dann nigelnagelneue Schienen geben. Das stellt noch nicht solche Probleme auf den Plan wie Tunnel ohne Spielraum oder sehr enge Brücken. Das kostet.

ELEKTRIFIZIERUNG ist das, wo wir dem wahnsinnigen Hochgeschwindigkeitsfan einfach mal bitten, https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/3/35/Europe_rail_electrification_en.svg/1280px-Europe_rail_electrification_en.svg.png anzuklicken und zu fragen: "Sieht das auch nur ansatzweise gleich aus?"

Das ist aber immer noch lösbar.

Die Faustschläge in den Nacken beginnen, sobald die Worte "Highspeed Rail" aus dem Mund kommen, wenn wir uns die Grafik betrachten: https://www.trackopedia.com/fileadmin/user_upload/02_Der_Fahrweg/European_Train_Control_System__ETCS_/Bild_ETCS.jpg

DAS sind die unterschiedlichen Standards für Zugführung in Europa. Das geht auf keine Kuhhaut mehr, wie viel da fundamental verschieden ist.

SOLLTE man Highspeed Rail einführen, ist das so wie der European Train. Der sollte auch Jugendliche von einem Ende Europas ans andere bringen, musste aber 27 Mal anhalten und gegen einen Zug ausgetauscht werden, der mit den lokalen Varianten klarkam.

Und reden wir noch nicht einmal von meinem Lieblingsthema, der Endnutzererfahrung.

Wenn man so ein abgefahrener reicher 1%-Klimademonstrator ist, denkt man sich: Da lädt man sich eine App runter, klicky-clacky etwas, dann generiert die App einen QR-Code, und den zeigt man halt dem Schaffner.

Viel Spaß das einmal in echt zu sehen. Mal gucken, wie viele Gewaltfantasien du hast, wenn du zurückkommst. Wir lassen das System am Platz und sorgen nur dafür, dass es eine Highspeed-Strecke gibt.

Was ich gerne hätte, ist, dass wir es so weit hinbekommen, dass ein Zug, der in Portugal zwischen zwei Orten fährt, im Notfall auch einfach mal bis nach Polen gezogen werden kann und dort dann seinen Dienst tut. Wenn wir wenigstens den Austausch so weit haben, dass man im Notfall eine Bahn von A nach B verlegen kann und dann halt die Mannschaft und das Logo austauscht, ist uns zehnmal mehr geholfen, als wenn wir Highspeed mit sofortiger Gruppenkeile beantworten.

Am Ende verhindert man CO2 nicht, indem man die ultrareichen Champagner-Klimaschützer dazu animiert, doch mal mit Highspeed Rail zu fahren. Man verhindert es dadurch, dass man Kalle, 24, Fliesenleger, dazu bringt, sein Auto stehen zu lassen und die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen, auch wenn er sonst eher auf die Deutsche Bahn schimpft.

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