Wahrscheinlich kann ich da wieder nur für mich sprechen, daher werde ich auch genau das tun: dies hier ist nur meine ganz eigene Einstellung zum Thema.
Aktuell bin ich ein Mieter in einem Vierparteienhaus. Das ist mir durchaus angenehm, weil es eben nur drei andere Parteien gibt, mit denen man sich handelseinig werden muss. Und Diskussionsbedarf gibt es doch immer wieder: die leidige Kehrwoche (im Sommer kein Problem, im Winter mit Winterdienst verbunden und damit erheblich zeitaufwendiger), die Nutzung der Waschküche und der Wäscheleinen, die Belüftung ebendieser und, und, und. Insgesamt ist das alles relativ harmonisch, nur bei der o.g. Kehrwoche gibt es immer wieder Debatten: was dem einen gründlich genug erscheint, ist dem anderen schlampig gewischt. Und so gibt's eben doch immer wieder Knatsch, wegs "Nichtigkeiten". Wirklich bösartig ist da aber glücklicherweise nichts, man redet immer freundlich miteinander und hilft sich auch mal.
Nun stell ich mir das aber mit einem 8-Parteien-Haus vor. Da gibt's nicht nur nicht immer wieder Streit, hier können sich auch Grüppchen bilden, die gegeneinander spielen. Je mehr mitspielen in der Nummer, desto größer die Wahrscheinlichkeit von Intrigen und "hinter-dem-Rücken-lästern". Irgendwie muss man ja den lahmen Alltag aufwerten. Da wird dann aus der Kehrwoche dann eben ein echtes Politikum, wer beim Winterdienst zu schmal schippt oder salzt statt Kiesel nutzt - irgendwer stößt sich garantiert dran und hetzt den Rest der Nachbarn gleich mit auf. Zu aller Freude gibt's u.U. auch noch einen Hausgarten, für dessen Pflege die Mieter verantwortlich sind - und wieder gibt's Streit, wenn einer nicht so recht will, wie die überzogenen Qualitätsstandards des Nachbarn es erwarten. Je verdichteter der Wohnraum, desto mehr Spannungen und desto schlechter die Lebensqualität.
Natürlich ist das jetzt stark überspitzt: Nachbarn müssen nicht so sein und die große Mehrzahl ist auch nur am friedlichen Zusammenleben interessiert.
Dennoch: ich hätte gern lieber was eigenes. Und nein, ich will keine Eigentumswohnung! Denn so ich da selbst drin wohnen will, habe ich im Grunde die gleichen Nachteile wie ein Mieter, nur mit Schulden. Klar, irgendwann ist es auch meins, aber bis dahin eben ...
Zu allem Überfluss fällt in so einem Szenario wieder auf die Füße, dass man sich mit mehreren Parteien handelseinig werden muss. Als Mieter konnte ich mich zumindest insofern raushalten, als dass der Vermieter alles regeln musste. Jetzt bin ich aber Eigentümer und muss mich mit 3 - 7 anderen Eigentümern der anderen Wohnungen an einen Tisch setzen, wenn ich moderne Fenster einbauen will. Und dann gehen die Verhandlungen los - und alle Fehltritte der Vergangenheit spielen mit rein. Wenn ich also das letzte Mal abgelehnt habe, die Hausfassade neu streichen zu lassen, weil es mir zu teuer und unnötig erschien, wird mir wohl dieses Mal die Unterstützung versagt bleiben, moderne Fenster anzuschaffen, denn der, der beim letzten Mal die Wände gestrichen haben wollte, mag nun meine Fenster für "teuer und unnötig" erachten. Nach drei, vier weiteren Verhandlungen über verschiedene Dinge hat man u.U. genug Beziehungen kaputtgespielt, dass man sich nicht einmal mehr auf's Wetter einigen mag. Doof.
Weil das so sein kann, möchte ich also wirklich was eigenes. Vier Wände, links, rechts, vorn und hinten etwas Grünfläche und darum einen Zaun. Keinen Wandnachbarn, sondern nur einen Grundstücksnachbarn. Und idealerweise ist man keiner "Eigentümerversammlung" verpflichtet, sondern weitestgehend sein eigener Herr. Dass natürlich die Nachbarschaft trotzdem tuschelt, wenn man sein Haus grün mit rosa Punkten streichen will - gebongt. Da sucht man förmlich den Krawall. Aber theoretisch müssen das die Nachbarn halt akzeptieren, wenn es eben keine Eigentümerrunde gibt.
Warum ich das jetzt so schreibe? Weil's bei dem Artikel um "Wohnraumverdichtung" geht als probates Mittel. Dabei wird gern vergessen, dass wir in einer stark individualistischen Gesellschaft leben. Die DDR-Platte hat ausgedient, das will niemand, der sich was anderes leisten kann. Dorthin werden i.d.R. nur jene abgeschoben, die dauerhafte Sozialfälle darstellen. Wem's deutlich besser geht, der meidet solche Wohnburgen. Und wer es sich leisten kann, der hat i.d.R. ein eigenes Haus, nicht nur eine Eigentumswohnung. Auch wer nur zur Miete wohnen kann, sucht sich lieber etwas mit weniger Wohnraumverdichtung, weniger Parteien im Haus.
Wenn der Wohnraum wieder stärker zugunsten von effizienter Bodennutzung und bezahlbaren Mieten verdichtet werden soll, dann müssten wir ein Stück weit unsere Individualgesellschaft aufgeben. Ich fürchte aber, das wird sich nicht einstellen - und wenn doch, dann wird's von den unteren Einkommensschichten erwartet werden, während diejenigen, die es sich leisten können, weiterhin ausdrücklich ihr Ego als Individualisten streicheln.