In den 1990er-Jahren setzte sich die Überzeugung durch, dass die soziale Frage weitgehend gelöst ist, dass es genügend bezahlbaren Wohnraum gibt und dass es keine Wohnungsknappheit mehr geben wird - zumal auch die Bevölkerung in den Städten nicht mehr zu-, sondern abnahm. Hinzu kam, dass in den 1980er-Jahren der Skandal um die "Neue Heimat" für großes Misstrauen gegenüber dem sozialen Wohnungsbau und dessen Akteuren gesorgt hat. Das führte zu einem Meinungsumschwung und dem Glauben, der Markt könne die Versorgung mit Wohnraum besser und effizienter lösen als staatliche Bürokratie.
Die Wahrnehmung der Problematik veränderte sich, die Haltung zu ihr veränderte sich - und so stellte man schließlich den sozialen Wohnungsbau einfach ein.
Diese Darstellung kann man diskutieren. Sie hängt zum einen in hohem Masse davon ab, wo man in den 90ern wohnte. In den süddeutschen Grossstädten beispielsweise gab es weiterhin einen enormen Druck. Vor allem aber verschweigt Thierstein, dass es es ökonomisch dokumentiert worden war, dass Wohngeld effizientere Lösungen schafft als der soziale Wohnungsbau. Der soziale Wohnungsbau kämpft seit Jahren mit dem Problem der Fehlbelegungen, darunter dem der alleinstehenden Rentner in grossen Wohnungen. Bis heute hat man keinen Weg gefunden, dieses Problem in der politischen Wirklichkeit zu lösen. Das Fehlbelegungsproblem verschärft die Ineffizienz des sozialen Wohnungsbaus markant. Die Politik verstand die Zusammenhänge nach einigen Jahren, macht auch schlechte Erfahrungen mit Versuchen mit Fehlbelegungsabgaben, und nicht zuletzt deshalb wurde der soziale Wohnungsbau so massiv zurückgefahren.
Ohne eine Lösung des Fehlbegungsproblems ist die Flächenexpansion, selbst bei zweckmässigen Bebauungsplänen, nicht zu vermeiden.