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mehr als 1000 Beiträge seit 24.11.2005

Re: Römische Reich

Das Römische Reich endete, sieht man von Trapezunt 1461, Monemvasia 1464 und Teodoro 1475 ab, am 29. Mai 1453 mit der Einnahme der Hauptstadt Neu Rom - Konstantinopel durch die Türken. Diese Stadt war seit dem 1.5.330 Hauptstadt, nur 663-668 von Syrakus abgelöst.

Als Weltreich kollabierte das Imperium zwischen 400 und 700. Der Kollaps und die Neuordnung der Mittelmeerwelt dauerte 300 Jahre. Der Tiefpunkt war 620, als über 90% des östlichen Reichsgebiets von 395 verloren waren. 630 war das alles wieder unter Kontrolle Konstantinopels, doch dann kam mit dem Arabersturm das Ende der Antike.

Aber nun 200 Jahre zurück: Das Römische Reich besiegte 451 die Hunnen. 468 versuchte das Imperium eine Rückeroberung des Vandalenreiches. Diese misslang aufgrund einer Fehlentscheidung der Befehlshaber, trotz militärischem Erfolg am Anfang des Feldzuges.

Dadurch verlor das Reich einen Gutteil seiner Flotte und die Staatskasse war leer, nicht nur in Ravenna, sondern auch in Konstantinopel.

Das Weströmische Reich war übrigens kein eigener Staat. Der 468 dort regierende Kaiser wurde vom Kaiser in Konstantinopel dort eingesetzt.

Der Vandalenfeldzug wurde von beiden Regierungen und der faktisch eigenständig regierten Provinz Dalmatien gemeinsam geplant.

Das Imperium war also noch 468 trotz Westgoten in Gallien und Ostgoten im heutigen Serbien in der Lage, in seiner Gesamtheit eine solche Operation zu führen und als einheitlicher Staat zu agieren.

Wäre die Vernichtung des Vandalenreichs gelungen, und dafür fehlte nicht viel, hätte Westrom wieder die Kontrolle über seine reichste Provinz bekommen, einen ungeheueren Prestigegewinn gegenüber Franken, Westgoten
und Sueben erzielt...

Dann hätte eine gute Chance bestanden, das westliche Imperium in Italien, Nordafrika und Spanien, aber auch Südgallien zu stabilisieren.

Das Ostreich war ja in jener Zeit ja stabil.

Es kam anders:
Die Niederlage war ein derart starker Autoritätsverlust für Ravenna, dass die Regierung dort bis auf Italien jegliche Autorität im Westen verlor und dieser in vier Machtbereiche zerfiel.

476 erfolgte dann in Ravenna ein Militärputsch. Der änderte am binnen acht Jahren faktisch auf Italien geschrumpften Staat aber nichts außer dem Titel des Chefs.
Die übrigen Institutionen inclusive Senat und Kaiserhof blieben - auch nach der ostgotischen Eroberung 493 - bestehen.

Deren Ende kam erst während der Gotenkriege in den 540ern, zusammen mit einer großen Pestepidemie, welche Italien entvölkerte.

555 gehörten dann aber das durch die Pest entvölkerte Italien, Dalmatien, Nordafrika und Südspanien wieder zum Imperium.

Die Transformation der Mittelmeerwelt dauerte 300, eigentlich fast 500 Jahre.

Zum Vergleich: Am 4. Juli 2026 werden die USA 250 Jahre alt.

Man mag einige Lehren aus dieser Transformation und der dadurch erfolgten kulturellen Dreiteilung des Imperiums ziehen können, die auch für heute relevant sind, aber der Begriff römische Dekadenz ist doch eine arg verkürzte, rheinische Perspektive, die Wesentliches ausblendet.

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