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  • firedancer

mehr als 1000 Beiträge seit 26.01.2001

Viel zu theoretisch. Die Dinge sind viel einfacher.

> Was das alles mit den Arbeitsmarktreformen zu tun hat? Ganz einfach,
> sie sind auch nur ein Ausdruck der allgemeinen Entwicklung:
> 1) Die zunehmende Entkoppelung von Eigentum einerseits und
> gesellschaftlicher Verantwortung andererseits lässt die vermögenden
> Privathaushalte reicher werden, während der Staat (und damit das
> Gemeinwesen) verarmt.
> 2) Daher zieht sich der Staat zunehmend aus der Daseinsvorsorge
> zurück (Stichwort reale Kürzungen trotz gegenteiliger Beteuerungen).

Das Problem ist der Egoismus der Menschen. Unser System ist *bewußt*
(!) darauf angelegt, daß der egoistischste gewinnt. Aber das ist
nichts neues. Zurück zu deinen Worten. Das Problem beschreibst du in
1) recht gut. Wir müssen uns aber fragen, wie es überhaupt dazu
kommen konnte, daß 1) zuschlägt, *OBWOHL* wir eine Demokratie und
einen ursprüglich vernünftig angelegten Staat haben. Und in meinen
Augen ist die Antwort sehr einfach: Systeme können verändert werden.
Und da die Politiker keine Verantwortlichkeit mehr gegenüber den
Menschen haben sondern nur noch sich selbst gegenüber und mit
Dummheit und Geldgier geschlagen sind, passiert genau dies:

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22880/1.html

DAS ist die Krux. Nicht Demokratie oder sonst was.

> 3) Die immer weiter gehenden Verpflichtungen, wirklich jede noch so
> schlecht bezahlte Arbeit anzunehmen verstärken die Tendenz der
> Lohnsenkung und verschärfen dadurch zusätzlich das Auseinanderdriften
> der Gesellschaft in Arm und Reich.
> 4) Der Staat verliert zunehmend seine Integrationsfähigkeit: Immer
> mehr Menschen fallen praktisch völlig aus dem gesellschaftlichen
> Leben heraus. Noch schlimmer: Bei ganzen, nach wirtschaflichen
> Kriterien ausgesuchten, Bevölkerungsgruppen wird schon der Versuch
> einer nachhaltigen Integration zunehmend unterlassen. (Und dann
> wundert man sich über Parallelgesellschaften...)

Du beschreibst Symptome. Richtigerweise.

> Diese Entwicklungen, zusammen mit der immer schneller werdenen
> Privatisierung auch der letzten Gemeineigentümer lassen, auch wenn es
> übertrieben scheint, eine Neuauflage des Feudalismus befürchten.

Und zwar die Herrschaft des Kapitals.

> Wohin also? Was diesem Land wirklich fehlt ist Einigkeit jenseits von
> Fußball; gemeinsame Ziele, Wertvorstellungen und die Wiedereinführung
> von Verantwortung und Gemeinsinn.

Jein. Was diesem Land fehlt ist Interesse der Öffentlichkeit. Wenn
natürlich Fußball und Bären wichtiger sind als Dinge wie
Arbeitslosigkeit, Privatisierung, Probleme durch Lobbygruppeneinfluß,
Demokratie und Freiheit, dann ist es kein Wunder, wenn genau das
passiert, was wir gegenwärtig vorfinden: Ein Ausschlachten des
Staates und damit der Gemeinschaft von 85 Mio Menschen von wenigen
zum Wohl derselben wenigen.

Und wer hat das zu verantworten? Unsere Politiker. Wäre D ein
Unternehmen, so würde man sie hochkant hinauswerfen und danach in
Grund und Boden klagen. Unsere Politiker aber werden auch noch gelobt
für das, was sie da tun.

> Dazu bedarf es einer breiten,
> sorgfältig geführten und nicht durch Lobbyisten gesteuerten Debatte
> über Zielvorstellungen und die Frage, wie wir in Zukunft leben
> wollen: Als Herren und Sklaven, als Lehnsherren und Leibeigene, als
> einsame und bindungslose Einzelkämpfer oder vielleicht als Indianer
> (zugegeben etwas salopp ausgedrückt).

Nein. Dazu bedarf es einer breiten Debatte, endlich den Einfluß von
Konzernen und geldgierigen Lobbygruppen zu unterbinden. Das alleine
wäre schon die halbe Miete. Dann würde es radikal bergauf gehen in
diesem Land.

> Seit Jahren reden leider fast nur Ökonomen über die Zukunft der
> Gesellschaft, und deren überwiegende Meinung kennen wir zu genüge.
> Sollen sie endlich einmal schweigen. Ihre Aufgabe besteht darin,
> wirtschaftliche Zusammenhänge zu erforschen und zu optimieren. Sie
> besteht nicht darin, Gesellschaftsstrukturen durch die Hintertür zu
> verändern oder gar einseitig Vorgaben zu machen (Stichwort "there is
> no alternative").

Wahr.

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