Ist ja wirklich ein sehr schlauer Artikel, denn du da verlinkt hast. Ich zitiere:
Die Machthaber auf der Krim und die russische Regierung in Moskau wollen der Krim ihren Stempel aufdrücken und die ukrainische sowie die krimtatarische Identität verdrängen.
Es hat wohl nicht viel Zweck, nochmal zu erklären, dass die Krim immer schon russisch war, und nur durch die seltsame Schenkungsaktion von Chruschtschow an die Ukraine gebunden wurde. Es gibt keine ukrainische Identität auf der Krim, ergo kann man diese auch nicht verdrängen.
Innerhalb von zwei Jahren haben die Behörden die Medienlandschaft auf der Halbinsel zerstört, Versammlungen verboten und sie versuchen mit allen Mitteln, die Kontrolle darüber zu gewinnen, was die Bewohner der Krim glauben, sagen und denken. Von Meinungsfreiheit kann keine Rede mehr sein. Oppositionelle werden verfolgt und schikaniert.“
Die Kontrolle darüber gewinnen, was die Bewohner der Krim glauben, sagen und denken. Soso. Wenn der Satz ohne Kontext ausgesprochen werden würde, würde ich auf die Zustände bei uns tippen. Meinungsfreiheit existiert nämlich hierzulande nurmehr auf dem Papier. Erlaubt ist nämlich nur noch, was der Eliten-Linie entspricht. Alles anderer wird mehr oder weniger aktiv bekämpft bzw. durch Einseitigkeit zensiert.
Aber weiter im Text:
Die Krimtataren waren mehrheitlich gegen die Annexion und sprechen sich bis heute dagegen aus.
Tja, shit happens. 80% der Krimbewohner sind zur Abstimmung gegangen, 96% waren für eine Abspaltung (Abspaltung, nicht Annexion. Die ständige Widerholung der Lüge macht die Lüge nicht wahr) von der Ukraine. Also eine verfassungsgebende und völkerrechtlich bindende Mehrheit. Demokratie bei der Arbeit, sag ich mal.
Offener Widerstand von Teilen der krimtatarischen Bevölkerung wird von den pro-russischen Behörden rigoros bestraft
Tja, seltsam. Der offene Widerstand, den die russisch-Stämmigen in der Ostukaine dem Nazi-Regime in Kiew entgegenbringen, wird von dort durch Anti-Terror-Kampagnen bestraft, die schon seit 2 jahren laufen und alle Widerlichkeiten aufbieten, die man sich nur denken kann. Dazu fällt der Gesellschaft für bedrohte Völker komischerweise nichts ein. Zweierlei Maß, wie üblich.
Bei schweren Menschenrechtsverletzungen, wie zum Beispiel der Verhaftung von Krimtataren,...
Aha. Krimtartaren zu verhaften ist also per se eine schwere Menschenrechtsverletzung?
Naja...
Jetzt habe ich mir noch die Mühe gemacht, und den eigentlichen Schrieb (=Report) zu überfliegen. Besonders aufschlussreich ist der Abschnitt "Ermordungen, Folter, Entführung" auf Seite 5.
Ganze 11 (!) Sätze umfaßt dieses Kapitel. Dabei findet sich ein Fall, wo ein Krimtartare zusammengeschlagen wurde und seinen Verletzungen erlegen ist. Zwei weitere Tartaren wurden ermordet, aber keine Details sind bekannt (aber hauptsache wir reden mal darüber). Und der FSB hat gegen einen weiteren Tartaren Folter (ohne spezifisch zu werden, welcher Art die Folter war) angewandt, um ihn zur Zusammenarbeit zu bewegen. Er hat abgelehnt.
That's it. Und deshalb machen die ein Fass auf? Auf der Krim leben 2,3 Millionen Menschen. Irgendwie finde ich drei Morde (wobei einer eigentlich ein Totschlag war, und über den anderen wissen sie gleich gar nichts) und einen Fall unspezifischer Folterung jetzt nicht unbedingt beunruhigend. Das kann man in unseren Breiten aber viel besser.
Was den Rest anlangt... das ließt sich für mich so, als ob die russischen Behörden einfach rigoros gegen islamische und ukra-faschistische Intriganten und Extremisten vorgehen. Das mag uns hier nicht gefallen, weil es ja unsere "Schmusekater" sind, die von den Russen dort niedergehalten werden. Aber aus Sicht der Russen ist das nur logisch und auch vollkommen gerechtfertigt.
Also ich hab in dem Report nichts gelesen, was mich jetzt sonderlich aufregen würde. Aber der Grad der Erregtheit hängt natürlich auch davon ab, welches Ziel man erreichen will. Einen Bundespräsidenten Wulff hat man schließlich schon für 7,50€ aus dem Amt gejagt. Die Erregungsschwelle kann offensichtlich beliebig tief angelegt werden.