Sie wurde längst zum legitimen Mittel der "Wahrheitsfindung". Meist ist sie psychischer Natur und wird deshalb "verborgen" zelebriert, nicht sofort erkennbar. Manchmal ist sie auch ganz konkret physischer Natur, eigentlich für jeden sofort erkennbar.
Die Frage, ob man sie anwenden darf, ist eigentlich schon durch einschlägige Gesetze beantwortet. Sie darf nicht angewendet werden. Freilich hindert dies niemand wirklich daran sie anzuwenden. Denn die Anwendung wird meistens nicht bestraft.
Wer heute wegen irgendetwas verdächtigt wird und nicht jegliche Aussage dazu verweigert, das Reden besser seinem hoffentlich vertrauenswürdigen Anwalt überlässt, ist dumm. Er steht mit einem Bein im Knast, egal ob er etwas getan hat.
Jegliche noch so harmlose Aussage kann ihn im Zweifel stark belasten, da man sie ganz nach Bedarf drehen und wenden kann, wie es beliebt und der Sache dienlich ist. Rechtsanwälte raten nicht zum Spaß, grundsätzlich nichts zu sagen.
Einfach im Hinterkopf behalten, jede noch so harmlose Aussage kann später im Verfahren gegen dich verwendet werden, während einfach nichts zu sagen, den Verlauf neutral hält und dem Verteidiger viel größeren Handlungsspielraum lässt.
Zurück zur Folter. Wenn man zum Beispiel einem "Verdächtigen" schockierende Tatort-Fotos vorlegt, ist dies schon der Einstieg in die psychische Folter. Sie bieten die erste Gelegenheit im Kopf der Betroffenen große Verwirrung und Chaos zu stiften.
Je schockierender desto besser. Eine beliebte Fragetechnik ist es nun die Fantasie des Verhörten zu beanspruchen und zu verwirren. Es geht dabei nicht um die zentrale Frage, waren Sie es, sondern, könnten Sie sich vorstellen es getan zu haben?
Möglichst garniert mit einer Portion "mildernder Gründe", weshalb man so etwas getan haben könnte. Kann sich ein Betroffener auch nur im entferntesten vorstellen, dass er so etwas getan hat, ist der Weg zum umfassenden Geständnis nicht mehr weit.
Und hier beginnen dann auch die Möglichkeiten zu Tausenden falscher Antworten des Beschuldigten, die ihm später durchaus sehr schaden können. Also am besten einfach nichts sagen, nichts anschauen, nichts denken, Anwalt anrufen lassen.
Verinnerlicht man dies, auch unter erschwerten Bedingungen, dann steigert man seine Chance erheblich, (un)schuldig unschuldig zu bleiben. Auch die Anklage kocht nur mit Wasser. Und nach wie vor gilt zunächst einmal die Unschuldsvermutung.
Kein Beschuldigter ist verpflichtet seine Unschuld zu beweisen. Vielmehr muss der Ankläger die Schuld beweisen. Und der tut dies nun einmal bestens geschult auch mit Folterinstrumenten, die natürlich möglichst völlig unerkannt bleiben sollen.
Physische Folter ist zwar auch möglich, aber selten. Meistens findet psychische Folter so geschickt statt, dass man sie nicht auf Anhieb erkennt. Da sehe ich die größere Gefahr für eine freiheitliche Gesellschaft, die diese billigend in Kauf nimmt.
Es ist kein Märchen, auch in deutschen Gefängnissen sitzen viel zu viele völlig unschuldige Menschen, die Opfer dieser Folter waren und sind. Und viele davon geben sich sogar reumütig in der doppelten Opferrolle, da es die Haftzeit verkürzt.
Das wirklich Schlimme daran ist die Tatsache, dass die tatsächlichen Täter in diesen Fällen nach wie vor ihre Freiheit genießen und weitere Opfer nicht ausgeschlossen sind.