Am 04.08. veröffentlichte Gazprom auf seinem Telegramm-Kanal eine Mitteilung, die hilfreich für das Verständnis sein könnte. Ich stelle sie mal vollständig und übersetzt hier ein:
Zitat Beginn:
"Die gültigen anti-russischen Sanktionen behindern die erfolgreiche Abwicklung des Transports und der Reparatur von Siemens-Gasturbinenmotoren für die Portovaja-Kompressorstation, die Gas über die Nord Stream-Pipeline an europäische Verbraucher liefert.
Gegenwärtig ist nur eine der sechs Hauptgasverdichtereinheiten (sowie eine Reserve-Einheit mit der gleichen Kapazität) in der Portovaja-Kompressorstation in Betrieb. Die tägliche Kapazität der Verdichterstation liegt bei maximal 33 Millionen Kubikmetern Gas pro Tag.
Gemäß dem Wartungsplan des Herstellers für die Gasturbinen ist nach Ablauf der Überholungsfrist (25.000 Stunden) eine obligatorische Werksüberholung erforderlich.
Die Industrial Turbine Company (UK) Limited (Teil der Siemens Energy Group) wurde mit der Reparatur der Motoren in der Fabrik in Kanada beauftragt. Gemäß den vertraglichen Bestimmungen war die Frist für die Überholung der Turbine Nr. 073 im Mai des laufenden Jahres abgelaufen. Unmittelbar nach der Überholung sollte die Turbine an Gazprom übergeben werden.
Aufgrund der kanadischen Sanktionen und ohne die Zustimmung von Gazprom wurde das Triebwerk jedoch nicht nach Russland, sondern nach Deutschland geliefert, was nicht den Vertragsbedingungen entspricht. Die kanadischen Behörden haben der Siemens Energy Canada Limited, die nicht Vertragspartei ist, Dokumente für die Ausfuhr der Turbine ausgestellt, die in keinem Zusammenhang mit dem laufenden Vertrag stehen. Im Falle des Transports der Turbine nach Russland besteht die Gefahr, dass die kanadischen Behörden dies als Verstoß gegen die Bedingungen der erteilten Genehmigung oder als Umgehung derselben betrachten.
Das wiederum könnte dazu führen, dass die Genehmigung entzogen wird und andere Turbinen der Portovaja-Kompressorstation nicht mehr in Kanada überholt werden können.
Die Lieferung von Kanada nach Deutschland birgt ebenfalls Risiken im Zusammenhang mit der Anwendung von EU-Sanktionen. Insbesondere die Bestimmungen der EU-Verordnung Nr. 833/2014 (in ihrer geänderten und ergänzten Fassung) sehen vor, dass der Verkauf, die Lieferung, die Weitergabe, der Verkauf oder die Ausfuhr von Gasturbinentriebwerken, Technologie und anderen in den Sanktionslisten aufgeführten Gütern direkt oder indirekt an Personen oder Einrichtungen in Russland oder zur Verwendung in Russland verboten ist, und zwar unabhängig davon, ob die aufgeführten Güter oder Technologien in der EU hergestellt wurden.
Da die Industrial Turbine Company (UK) Limited eine Vertragspartei ist, unterliegt die Turbine außerdem den Anforderungen des britischen Rechts, einschließlich der Sanktionsbeschränkungen.
Da die EU und das Vereinigte Königreich die Anwendung der Sanktionen nicht offiziell geklärt haben, ist nicht klar, ob die Wartung und der Transport der Gasturbinentriebwerke für die Portovaja-Kompressorstation Ausfuhrbeschränkungen unterliegen werden oder nicht.
Ähnliche Risiken bestehen für die zu überholenden Triebwerke #072, #074 und #121.
Die Sanktionsregelungen Kanadas, der EU und des Vereinigten Königreichs sowie die Nichteinhaltung der geltenden vertraglichen Verpflichtungen durch Siemens machen es unmöglich, das Triebwerk 073 an die Portovaja-Kompressorstation zu liefern."
Zitat Ende
Derzeit läuft also nur noch eine Turbine an der Verdichterstation und diese Turbine geht dann im September in die Wartung. Die Ersatzturbine, die dafür vorgesehen war, wenigstens einen Minimalfluss durch die Pipeline zu gewährleisten, liegt derzeit in Deutschland und wurde bereits vom Kanzler gesegnet. D.h. ab September wird der Gasfluss durch NS1 wahrscheinlich zum Erliegen kommen.
Die Bundesregierung weiß um diese technischen Umstände und wird diese Situation nun ausnutzen, um Gazprom bzw. Putin Vertragsbruch vorzuwerfen, ungeachtet des am 14.7. durch Gazprom ausgerufenen "Gasnotstandes bei der Versorgung Deutschlands durch NS1".