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  • Ralf45

mehr als 1000 Beiträge seit 05.05.2008

Mich deprimieren diese Maßnahmen

Es tut mir leid, euch mit meinen Befindlichkeiten zu belästigen, aber ich habe das Bedürfnis, sie mitzuteilen.

Ich lebe in Frankreich (im Großraum Paris) und bin betroffen.

In französischen Medien wird kommuniziert, dass die meisten Ansteckungen im Privatleben stattfinden würden (Familie, Freunde, Restaurant/Kneipe, Feiern). Die öffentlichen Verkehrsmittel, der Arbeitsplatz und die Schulen und Universitäten seien "relativ sicher".

Ziel der Sperrstunde sei es also, Feiern und Treffen unter Freunden und Bekannten zu verhindern, und das ist mit dem sehr frühen Beginn der Sperrstunde (21 Uhr) auch gelungen. Man soll quasi nur noch arbeiten, einkaufen und den Rest der Zeit zuhause verbringen.

Mich deprimiert diese Maßnahme, wie auch die Ausgangssperre im Frühjahr in Frankreich echt hart gewesen ist (nur 1 Stunde Ausgang am Tag und nicht weiter als 1km von zuhause entfernen).

Schon bei der Ausgangssperre sind so einige Leute durchgedreht, die Gewalt in Haushalten ist angestiegen, Alte, Behinderte und Alleinlebende waren einsam, Familien durften die Oma oder den Opa im Altersheim nicht besuchen. Viele Leute haben wegen fehlender Bewegung ein paar Kilo zugenommen.

Bei der Sperrstunde ab übermorgen sind so gut wie alle Aktivitäten in Vereinen (Sport, Kultur, Soziales) nicht mehr möglich. D.h. wieder Isolation, Vereinsamung für die einen, und Aufeinanderhocken der Mitglieder größerer Familien auf kleinem Raum für andere.

Der Sinn, warum ich um 23 Uhr, wenn kaum Leute unterwegs sind, alleine keinen Nachtspaziergang machen darf, erschließt sich mir nicht. Ich soll mich tagsüber unter mehr Menschen mischen, und nachts, wenn nichts los ist, keinen Fuß vor die Tür setzen. Wen stecke ich an, wenn ich nachts alleine eine Fahrradtour mache (rhetorische Frage).

Arbeiten, sich in der Metro wie die Sardienen drängen, alle nach der Arbeit in den Supermarkt eilen und konsumieren ist kein Problem, aber Privatleben ist schlecht und muss massiv eingeschränkt werden.

Mindestdauer 6 Wochen. Fu**.

Auch wenn es sich, worauf Macron Wert legt, um kein "Verbot", sondern um eine "Beschränkung" handelt, was administrativ-rechtliche Gründe hat und Klagen vor Gericht aus dem Weg gehen soll.

Über diesen Aspekt habe ich in französischen Medien noch nichts gelesen (Danke für den Hinweis!), aber das wäre durchaus typisch: ein Taschenspielertrick, die Bürger daran zu hindern sich zu wehren. Es soll kein Verbot sein, aber Strafen bei Zuwiderhandlung der "Beschränkung" sind selbstverständlich: 135 Euro bei der ersten Verletzung der Sperrstunde, 1500 Euro bei der zweiten. Danach kommt wahrscheinlich Knast.

Es ist ein Trauerspiel.

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