Um Wahlergebnisse in Frankreich verstehen zu können, muss man die politische Kultur in Frankreich verstehen. Franzosen wählen keinen Präsidenten, sondern eine Vaterfigur oder eine moderne Jeanne d'Arc. Manche sagen, dass es das Trauma sei, den letzten König geköpft zu haben.
Wie von einem guten Vater erwartet man vom Präsidenten, dass er sich um alles kümmert und alle Probleme löst. Wenn eine kleine Firma pleitegeht, erwartet man, dass der Präsident etwas unternimmt.
Spätestens 6 Monate nach der Wahl kommt der Kater. Wieder hat man sich getäuscht. Auch dieser Präsident ist nicht der Messias. Besonders schlimm ist es, wenn der Präsident etwas ändern will. Alle Probleme sollen gelöst werden, aber bitte, ohne dass man etwas ändert.
Es ist daher sehr schwierig für einen Präsidenten wiedergewählt zu werden. Man muss einfach das Glück haben, dass die Konkurrentin noch unakzeptabler ist.
Es sind nicht 40% der Franzosen rechtsextrem. In der Karibik hat z.B.in der ersten Runde Mélenchon gewonnen und in der zweiten Runde Le Pen. Die Franzosen sind einfach dagegen, dass ein Präsident nicht der Messias ist.
Wird jemand zum ersten Mal Präsident, dann bekommt der Präsident in der Regel auch eine Mehrheit in den folgenden Parlamentswahlen. Wird der Präsident zähneknirschend wiedergewählt, verliert er häufig die Parlamentsmehrheit und es kommt zur Kohabitation.
Mélenchon setzt darauf bei den Parlamentswahlen zu gewinnen und dadurch Premierminister unter Macron zu werden. Warten wir es ab. Für Spannung ist gesorgt.