Da ja offensichtlich niemand ausser den geistig umnachtesten Scharfmachern wirklich wegen einem bankrotten Land in der Peripherie mit einer korrupten Oligarchie einen Weltkrieg starten will, wird es wohl um etwas anderes gehen.
Für den Westen: Punkt eins ist sicherlich, die EU von der russischen Erdgasversorgung abzuschneiden, um ihnen teures US-amerikanischens Fracking-Gas verkaufen zu können. Punkt zwei ist vermutlich die Übernahme der ukrainischen Agrar-Resourcen, um für die kommenden Ernteausfälle wegen den Klimakatastrophenschäden genug Reserven für den Wertewesten zu sichern.
Punkt drei ist die Vervollständigung der imperialen Einkesselung Russlands und Chinas durch US-Vasallenbündnisse. In Vorbereitung einer künftigen Auseinandersetzung.
Irgendwelche Menschenrechte spielen dabei wie immer höchstens als Vorwand eine Rolle - man weiss ja, wie zynisch der Wertewesten je nach eigener Vorteilsnahme hin- oder wegschaut - oder gar begeistert mitmassakriert.
Für Russland vermutlich unter anderem: Punkt eins: Eine Verschärfung der Bedrohungslage durch die NATO vermeiden, Punkt zwei: Die Reaktorruine in Tschernobyl langfristig sichern, Punkt drei: Die Krim als Stützpunkt der Schwarzmeerflotte erhalten, Punkt vier: Noch vorhandene Wirtschaftsverflechtungen mit der Ukraine sichern.
Die Gaspipelines in die EU sind wahrscheinlich eher nicht mehr so wichtig - die Ukraine ist wohl mehr ein Verlustgeschäft das wegen der engeren Beziehung geduldet wurde, und wenn die EU nicht will lässt sich das Erdgas sicher auch gut in Asien verkaufen. Mal davon abgesehen, daß Erdgas auch nicht so prall für den Klimaschutz ist.
Die Ambitionen von NATO und EU, die ehemaligen Ostblockstaaten bis an die russische Grenze ihrer Einflusssphäre einzuverleiben, sind so das typische Szenario eines harten Casus Belli zwischen Großmächten. Das wird Krieg geben, früher oder später. Nationalstaaten als ideelle Gesamtkapitalisten ihrer nationalen Bourgeoisie haben da nicht besonders viel Wahlmöglichkeiten. Daraus folgt, daß das bestehende System von Nationalstaaten ein gefährlicher Anachronismus ist, der überwunden werden muss, wenn die Menschheit noch lange überleben will. Das hatte man im Prinzip schon nach dem ersten und zweiten Weltkrieg begriffen und deshalb den Völkerbund bzw. die UN gegründet. Der Verfall der UN und die Dekadenz der OSZE geht also mit steigender Kriegsgefahr einher.
Ich sehe jedenfalls nicht, was ausser innenpolitischen Effekten Russland mit einer militärischen Intervention in der Ukraine zu gewinnen hätte. Das Kohlerevier im Donbass ist auch nicht mehr so wichtig wie früher mal, und wirtschaftlich ist das Land so ziemlich am Boden. Als militärisch neutrale Pufferzone wären sie wahrscheinlich eher glücklich, diese Last ökonomisch der EU überzuhelfen.