Die Ratio der Argumentation im Artikel weist deutliche Mängel auf. bspw. hier:
Artikel 103 Absatz 3 Grundgesetz steht als sogenanntes Justizgrundrecht den Grundrechten gleich. Er regelt ein Mehrfachbestrafungs- beziehungsweise ein Mehrfachverfolgungsverbot. Die jetzt gekippte Regelung von § 362 Nummer 5 StPO brach mit diesem Verbot.
In Art 103 Abs.3 GG steht Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden. Dort steht nicht, dass Mehrfachverfolgung bspw. bei neuer Beweislage verboten ist! Das oben verwandte Wort "beziehungsweise" impliziert eine Äquivalenz zwischen Bestrafung und Verfolgung, die so nicht existiert!
Weiter ist festzuhalten, dass bspw. im Fall der Schülerin bislang offensichtlich keine Betrafung des
freigesprochenen Tatverdächtigen
erfolgte. Folglich wäre das Verbot der Mehrfachbestrafung [zumindest] im zitierten Fall ebenfalls nicht verletzt!
Selbst am Bundesverfassungsgericht scheint eine ähnliche Rechtsphilosophie vorzuherrschen, mit:
"§ 362 Nr. 5 StPO unterläuft somit die in Art. 103 Abs. 3 GG getroffene – abwägungsfeste – Vorrangentscheidung zugunsten der Rechtssicherheit gegenüber der materiellen Gerechtigkeit. Die Neuregelung ist mit dem Mehrfachverfolgungsverbot des Art. 103 Abs. 3 GG nicht zu vereinbaren."
Die semantische Flexibiliät der Branche in allen Ehren, aber mit Rechtssicherheit hat das höchstens annekdotisch zu tun. Eventuell hadert deswegen das aktuell geltende Recht persistent mit gültigen Gesetzen zu Lasten der erfahrenden Gerechtigkeit.