Einmal grundsätzlich abgesehen davon, dass die SPD-Programmatik seit gut 100 Jahren stets Janus-köpfig war, es also per definitionem kein "vollumfänglich" geben kann, weil die beiden Programmatiken - also jene neoliberal-reaktionär-konservative, die 3,5 Jahre während der Legislatur gelebt wird; und jene pseudo-soziale, die ausschließlich 6 Monate vor der Wahl gilt und stets am Wahltag endet - inhärent diametral sind:
... dass die SPD-Programmatik darin nicht vollumfänglich erfüllt werden wird. Eben weil es um Koalitionsverhandlungen geht, in der jede Partei Federn lassen muss, auch die wählerstärkste.
Bei dieser Argumentation ist es umso erstaunlicher, dass die Sondierungen schon zeigen, dass die eigentlich doppelt* schwächste Fraktion - namentlich die FDP - hier die größten Fußabdrücke hinterlassen kann.
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*) ad "doppelt schwach":
1. Geringster Wähleranteil: 11,5% (real: 92,2%(!) der Wahlberechtigten haben diese Partei NICHT gewählt)
2. Nach dem Debakel 2017 konnte sich Lindner kein zweites "Lieber nicht als falsch" erlauben. Damit war er VOLLSTÄNDIG in der Hand der Grünen und Spezialdemokraten. Denn ohne sie wäre auch kein alternatives Bündnis möglich, ... außer Lindner verbrüdert sich doch noch mit Weidel & Co.
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Es gab/gibt also nicht den geringsten Anlass, nicht doch eine rein(!) rot-grüne Ergebnisliste zu produzieren. Und da Habeck so mega-heiß auf einen Ministerposten ist, könnte Scholz ihn lauwarm aufkochen, ... wenn er denn wollte.
Dass all das nicht geschieht, zeigt, welche Absichten die SPD-Eliten haben. Scholz, der den Steuerzahler Dutzende Milliarden Euro gekostet hat, ist letztlich das perfekte Abziehbild der neo-liberalen Weltvorstellungen. Und mit ihm das, was von der SPD noch übrig ist, nachdem praktisch jeder, der noch sozialen Verstand hat, diese Partei längst - und das schon seit Jahrzehnten - verlassen hat.
Es hat einfach keinen Zweck, sich die Welt und den Mond von der nächsten Regierung zu versprechen.
Noch so ein Faszinosum für Abergläubische. Auch, wenn die Zahl der potenziellen Koalitionspartner zunimmt, müsste es, wenn denn Parteien nicht ihren GG-Zweck verlieren wollen, unverhandelbare Positionen geben, die ... nun ja, ... die diese Parteien UNTERSCHEIDEN. Mit der Unterschiedslosigkeit verlieren sie jedoch ihren Zweck als Einzelparteien. Zumindest der Wähler hat das längst erkannt und wählt immer taktischer.
Letztlich geht es der Demokratie also wie Darwin, der einst nach einer Präsentation seiner Theorie ob der Reaktionen der selbsternannten Wissenschaftler frustriert ausrief "Meinungen werden nicht geändert. Sie sterben aus." ... genauso geht es den Parteien, dank ihrer selbstgerechten Eliten.
Allen voran der SPD, die hier noch einmal ein Aufbäumen in der Agonie erlebt, und deren Anhänger noch nicht einmal merken (wollen?), dass dies kein Zeichen für die SPD, sondern vielmehr ein Zeichen Tucholskys ist, der schon vor beinahe 100 Jahren sagte: "Die SPD hätte sich in 'Partei des kleineren Übels' umbenennen sollen. Dann wüssten die Leute wenigstens, was sie da wählen."
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (25.10.2021 18:59).