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  • Stephan Geue

mehr als 1000 Beiträge seit 07.08.2011

sehe ich nicht so

Schade, dass man gegen solch eine Behauptung nicht wetten kann - wer sollte das administrieren? Natürlich müsste sie vorher noch ein bisschen geschärft werden: Wann z.B. wäre der Stichtag zur Beurteilung der Angelegenheit? Gibt es ein Unentschieden, bei dem beide Seiten ihre Einsätze ohne Gewinn behalten? Unter welchen Umständen gilt der Krieg als verloren?

Weil das alles nicht klar ist, bekeilen sich die Foristen ungeniert mit ihren Glaubenssätzen oder Wunschzetteln.

Kann Russland den Abnutzungskrieg verlieren, den Krieg als Ganzes aber gewinnen? Ich glaube nicht. Also läuft die Aussage darauf hinaus, dass Russland den Krieg verliert. Ich verstehe die Leute nicht, die so was behaupten. Das wäre genauso, als würde jemand behaupten, die USA würden irgendeinen Krieg verlieren oder China. Vietnam? Afghanistan? Gewiss, gewonnen haben sie diese Konflikte als Staat nicht, aber doch nicht verloren. Erstens hat sich der MIK daran dumm und dämlich "verdient", und zweitens fiel keine einzige Bombe auf US-Homeland. Und so ähnlich laufen die Dinge zwischen der Ukraine und Russland. Die Unterschiede? Erstens: Der MIK Russlands sind keine Privatfirmen, sondern staatliche Unternehmen. Die kurbeln in ziemlich kurzer Zeit die Produktion so hoch, wie die Front sie braucht - und das zu weitaus moderateren Kosten als die 2000-Dollar-Kloschüsseln und 100-Dollar-Hämmer von Boeing oder Lookhead Martin. Zweitens: Es hat schon einige Schäden und Opfer auf "klassisch" russischem Territorium gegeben. Ukrainer wie Amerikaner attestieren der russischen Artillerie eine gewaltige Schussrate, und alle NATO-Länder beklagen leere Munitionslager, weil sie nicht schnell genug nachproduzieren können, auch nach einem vollen Jahr noch nicht. Und was produziert wird, ist sauteuer. Portokasse? Können wir das mal konkretisieren? Knapp 10.000 Euro für eine Artilleriegranate - ich glaub, ich werd nicht wieder.

Und sollte es doch gelingen wie postuliert und Russland in die Enge getrieben werden, hat das Land noch immer die nukleare Option. Klar, damit wird es ziemlich sicher ebenfalls kein Gewinn werden, es sei denn, die Auseinandersetzung beschränkt sich weiterhin auf ukrainisches Territorium, aber andernfalls gewinnt auch sonst niemand mehr. Wie kann man so was notorisch ausblenden?

Das "um Größenordnungen" größere Potenzial sieht so aus, dass Russland laut Weltbank im kaufkraftbereinigten Bruttoinlandsprodukt gerade an Deutschland vorbeigezogen ist - auf Platz 5 weltweit. Wenn man sich anguckt, wer noch vor Russland liegt - ist da irgendein Land mit weniger Einwohnern als Russland?

Und noch mal zurück zum Abnutzungskrieg: Den führt Russland größtenteils aus der Verteidigung, also schon rein militärtheoretisch mit deutlich geringerem Aufwand und weniger Opfern als ein Angreifer (Frühjahrsoffensive). Klar, die Ukraine will ihre Territorien zurück haben. Die Russen haben vermutlich noch Appetit auf den Rest der ukrainischen Schwarzmeerküste, aber sie warten eben ab, bis - nun, und das ist meine These - dem Westen die Kosten zu hoch geworden sind oder die Lage wahltaktisch ungünstig erscheint.

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