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  • jfmprof

844 Beiträge seit 24.09.2021

Re: Beispiel? Covid!

Stimmt.
Hätte man ja auch die Zulassung beantragen können.
Strategie?

Ich nehme mal an, daß da auch russischerseits kein Vertrauen in die EU-Prozeduren besteht, sondern man davon ausgegangen ist, daß durch Manipulationen beim Zulassungsverfahren der Erfolg von Sputnik V auf dem internationalen Markt sabotiert werden sollte.

...

Es ging also nicht um die Sache wie Schutz vor einer potentiell tödlichen Infektion, sondern war ein Mittel zur systematischen Destabilisation und gewollt gefühlter inidvidueller Unsicherheit.

Das glaube ich nicht. Wenn ich mit möglichst minimalem Aufwand einen Covid-19-Impfstoff von zweifelhafter Qualität entwickeln sollte, würde ich einen primitiven Totimpfstoff nehmen. Kultur mit C19-Erregern nehmen, Beta-Propiolacton drauf, irgendwas mit Filtrieren und Zentrifugieren und Adjuvantien (bin da zugegebenermaßen Laie) und hurra, wir haben den ersten C19-Impfstoff der Welt.

Vektorimpfstoffe sind da viel komplizierter. Dem Vektor wird die Erbinformation für ein für die Replikation notwendiges Enzym herausgeschnipselt und an dieser Stelle der Code für das Spikeprotein eingefügt. Das Vektorvirus kann sich dann nur noch in Zellen vermehren, die das herausgeschnipselte Enzym selber produzieren. Da normale menschliche Zellen dem Virus diesen Gefallen nicht tun, muß man eine embryonale Zelllinie so genmanipulieren, daß sich das Virus darin vermehren kann. Das Impfvirus ist daher normalerweise vollkommen harmlos, selbst für immungeschwächte Personen, weil das Impfvirus sich nur in erster Generation vermehren kann. Manchmal freilich wird auch Erbgut der embryonalen Zelllinie in das Erbgut des Impfvirus eingekreuzt, so daß in geringem Umfang auch Impfviren mit der Fähigkeit zu weiterer Replikation entstehen, die aber normalerweise immer noch ziemlich harmlos sind. Als Vektor nimmt man halt nur Viren, die beim Menschen wenig pathogen sind.

Der Astra-Zeneca-Impfstoff arbeitete nach demselben Prinzip, hatte aber zwei Designfehler: Einmal wurde für beide Dosen derselbe Vektor genommen, so daß die Wirkung der zweiten Dosis durch Antikörper gegen den Vektor abgeschwächt ist. Diesen Fehler haben die Russen vermieden.

Ein zweites Problem ist, daß die Vektorviren DNA-Viren sind und ihre Erbinformation in menschlichen Zellen einer Prozedur des Splicing unterliegt, so daß neben der gewünschten Form des Spike-Proteins auch andere Formen gebildet werden. Bei dem Astra-Zeneca-Impfstoff war dies eine Ursache der Probleme mit Thrombosen. Anscheinend hat die J&J-Tochter Janssen bei ihrem Vektorimpfstoff (mit Erfolg?) versucht, dieses Problem zu vermeiden. Ob die Russen das auch gemacht haben, ist mir nicht bekannt.

Die Russen hatten anscheinend teilweise, vor allem bei der Produktion außerhalb Rußlands (Brasilien!), das oben erwähnte Problem der Bildung mehrfach replikationsfähiger Impfviren. Das scheint aber vor allem ein Problem bei der Massenproduktion zu sein. Bei Lizenzproduktion in der EU hätte man also sehen können, wie man dieses Problem vermeiden kann. Außerdem erscheint wenigstens mir dieses Problem harmloser als die beiden oben genannten Designfehler bei Astra-Zeneca. Verglichen damit würde ich Sputnik V für den besseren Impfstoff halten.

Summa summarum hat sich die EU mit der Blockadehaltung gegenüber Sputnik V selber ins Bein geschossen, wie ja auch mit den Sanktionen. Mit Sputnik V hätte man möglicherweise einen besseren Vektorimpfstoff gehabt als AZ, und die Ad5-basierte Dosis von Sputnik V hätte man bei Bedarf mit dem Ad26-basierten Jannssen kombinieren können.

Ein "Mittel zur systematischen Destabilisation und gewollt gefühlter inidvidueller Unsicherheit" scheint mir Sputnik V schon deswegen nicht zu sein, weil Putin diesen Impfstoff im eigenen Land und anscheinend auch bei sich selbst eingesetzt hat. Außerdem hätte man wie gesagt so etwas viel billiger mit einem simplen BPL-inaktivierten Totimpfstoff haben können.

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