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  • auf_der_hut

mehr als 1000 Beiträge seit 07.05.2008

Re: Volkssouveränität

Bei der Wahl treten die Parteien mit ihrem jeweiligen Wahlprogramm an

Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Die Parteien maßen sich diese Rolle gerne an, im Grundgesetz steht aber aus guten Gründen etwas anderes. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes wollten die dominierende Rolle der Parteien ganz bewusst zurückdrängen, nachdem der Reichstag in der Endphase der Weimarer Demokratie wegen des Parteienstreits oft handlungsunfähig war und sich dadurch selbst entmachtete. Die Regierung arbeitete zuletzt am Parlament vorbei mit Notverordnungen, während sich die Parteien im Reichstag sinnlose Grabenkämpfe lieferten. Aus dieser Zeit stammt das böse Wort vom Parlament als "Schwatzbude".

Es stehen nicht die Parteiprogramme zur Wahl, sondern die Personen auf der Wahlliste. Die stehen auf dem Wahlzettel, nicht irgendein Wahlprogramm. Parteiprogramme sind völlig unverbindliche Absichtserklärungen und haben keinerlei Bindungswirkung für die Abgeordneten oder die Parteien selber. Wenn ein Abgeordneter über die Liste ins Parlament einzieht und dann aus der Partei austritt behält er sein Mandat und die Partei guckt in die Röhre - was schon oft genug vorkam. Die Rolle der Parteien ist lediglich, an der "politischen Willensbildung des Volkes" mitzuwirken. (Art. 21 GG)

Schweiz: Du wirfst die Volksinitiative und das fakultative Referendum durcheinander.
Das Referendum ist praktisch ein Vetorecht gegen durch Regierung und Parlament beschlossenes Gesetze oder völkerrechtliche Verträge bevor sie in Kraft treten. Es ist aber weder ein Initiativrecht mit dem eigene Gesetzestexte zur Abstimmung gestellt werden können, noch können damit bereits geltende Gesetze ausgehebelt werden. Dieses Vetorecht führt in der Praxis zu einem stark an Kompromissen und überparteilichem Konsens orientierten Politikstil. Man muss alle irgendwie zufrieden stellen, weil sonst die Opposition mit dem Referendum das Gesetz zu Fall zu bringen kann. Es ist noch viel mehr als bei uns eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners. Ich kenne viele Schweizer, die das durchaus kritisch sehen.

Offensichtlich sehen die schweizer Bürger derzeit noch keine Bedrohung für ihre wirtschaftliche Lage.

Heißt im Klartext: wir Schweizer machen ein bisschen mit gegen Putin, um unsere Partner im Westen nicht zu verprellen und so lange es nichts kostet. Eine eigene Haltung dazu haben wir nicht und wir lassen die Ukraine sofort fallen, wenn es an unser Portemonnaie geht. Die Schweiz bleibt neutral und macht mit allen gute Geschäfte. Schade nur, dass Russland das mittlerweile anders sieht. (https://tass.com/politics/1492283)

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