Denjenigen, die über die alten und die neuen Grünen und deren Verhältnis zu Rußland zu einem auch nur annähernd tragfähigen Urteil kommen wollen, sei geraten zur Kenntnis zu nehmen, was die geostrategischen Ziele amerikanischer Außenpolitik sind. Mir scheint zunehmend wesentlich zur Beurteilung der aktuellen Lage, was derzeit NICHT im öffentlichen Diskurs behandelt wird. Das sind vor allem:
- Das Streben der USA, EINZIGE Weltmacht sein zu wollen. Die Idee einer multipolaren Weltordnung liegt den Amis so fern wie möglich und war auch 1991 nicht anders.
- Die Ost-Erweiterung der NATO gegen den Widerstand einzelner europäischer Länder, durchgedrückt von den Amis, stellen eine Bedrohung russischer Sicherheitsinteressen dar. Aus russischer Sicht ist das durchaus keine Lappalie, wird hier aber immer so dargestellt.
- Was seit 2009 auf dem Maidan stattgefunden hat, ist ein Putsch gegen eine gewählte Regierung, eingefädelt mit kräftiger Mitwirkung amerikanischer Dienste. Daß dazu von Amerika systematsch nationalistische Extremisten befördert wurden, ist keine Verschwörungstheorie, auch wenn das neuerdings ständig behauptet wird.
- Daß Biden und sei koksnasiges Söhnchen in der Ukraine nach 2014 ein großes Rad gedreht haben und dabei so viel Kohle in die eigene Tasche gewirtschaftet haben, daß ich behaupte, er hat damit seinen Wahlkampf finanziert, scheint hierzulande keine Fußnote wert zu sein. Insofern ist es bemerkenswert zu sehen, daß der Ukraine-Konflikt seit Biden's Wahl eskaliert ist. Einerseits durch stark zugenommene Aktivitäten amerikanischer Dienste mit dem Ziel, die Ukraine fit für die NATO zu machen, andererseits durch Rußland, das derlei Umtriebe für existenzbedrohend sehen muß.
- Die Rolle und die strategische Position der USA wird systematisch ausgelassen. Daß das Staatsgebiet der USA 5000 km vom Konfliktherd entfernt ist, läßt das Risiko der USA auf fast Null schrumpfen. Daß Brzezinski die europäischen Länder ganz offen als Vasallen und Protektorate der USA bezeichnet, scheint keinen Gutmenschen zu interessieren. Daß es geostrategischer Konsens ist der USA, daß auf alle Fälle das Entstehen einer deutsch-russischen Zusammenarbeit verhindert werden muß, scheinen diese Leute ebensowenig zu wissen. Wer nach einem Motiv für das unrühmliche Ende der North Stream 2 sucht, findet hier eine plausible Erklärung.
Bei derart vielen Lücken und Unterschlagungen in der öffentichen Debatte ist es nicht verwunderlich, daß auch hier in den Foren zum Teil grober Unfug diskutiert wird von Leuten, den es gutstände, sich die zu diesem Krieg führenden Tatsachen zu erarbeiten. Das ist halt nicht so bequem wie sich moralisch aufzublasen und empört auf jemanden zu zeigen, den das Empörten-Kollektiv zum Bösen erkoren hat.