Das hier verfügbare Interview, Herr Zitelmann, empfiehlt für mich als Sozialwissenschaftlerin nicht gerade Ihr Buch.
Dies hat - relativ simple - Gründe, die noch nicht einmal mit dem Thema an und für sich zu tun haben.
Daher möchte ich nun nicht, wie die anderen Kommentierenden, auf das Sujet an sich eingehen, wohl aber darauf, dass Sie, zumindest stellt es sich im Interview so dar - relativ oberflächlich - mit soziologischen Fragestellungen umzugehen scheinen.
Es fällt auf, dass sie nicht auf die (fachlichen) Fragen des Interviewers tiefer eingehen, und auch nicht auf andere Perspektiven, die sehr wohl mit Ihrem Thema zu tun haben.
Schade ist auch, dass Sie, statt sich mit diesen auseinander zu setzen, sie sogar bisweilen zu negieren scheinen - obschon diese durchaus Gegenstand etablierter Forschung sind und Realitätsbezug vorhanden ist (z.B. das Thema "Macht" und Reichtum bzw. damit verbundene Privilegien und Möglichkeiten, über die Personen, die nicht über solche Kapitalien verfügen, eben nicht verwenden können.).
Hier an dem Punkt wäre mir das Buch zu oberflächlich.
Für ein Soziologiebuch wäre ja genau hier dann der Ansatz, nämlich: Wie setze ich die in den Interviews erlangten Erkenntnisse in den gesellschaftlichen Kontext.
Und in den gesellschaftlichen Kontext gehört z.B. sehr wohl, dass wenn Personen, die auch noch Unternehmer sind, ja nur dann Vermögen erwirtschaften können, wenn sie Gewinn erzielen.
Hier wäre dann, jenseits der "guten" Unternehmerseite "Arbeitsplätze schaffen" auch zu fragen, "was für Arbeitsplätze" und "wo".
Man könnte eine These wie folgt aufstellen: Gates, Jobs etc. hätten - zumindest relativ gesehen - weniger Vermögen aus Gewinnen, hätten sie in den USA und mit einem Mindestlohn produziert oder wäre die Gewinnmarge eines IPhones 30 statt 65% (und die Differenz in z.B. Arbeitslöhne investiert).
Gleiches könnte man für die Aldi-Brüder untersuchen:
Inwieweit solche Vermögen(den) an der in Deutschland stattfindenden Entwicklungen durch die mittlerweile Quasi-Monopolisierung des Lebensmittelhandels beteiligt waren, welche - sozialen Auswirkungen damit einher gehen, ...
Oder, wenn das zu ausschweifend ist, wenn schon dann schon von den Personen auf die "Ausgabenseite Einkommenssteuer" verwiesen wird, dann auch das in kritischen Kontext zu stellen dazu, welche "Nebenkosten" für die Gesellschaft anfallen, - z.B. in Form von Subventionen, Zuschüssen etc. - und nicht zuletzt z.B. durch die Bereitstellung von Infrastruktur.
Also das von den Interviewten vermittelte auch in einen weiteren, kritischen und gesellschaftlichen Kontext stellen - denn, sonst bleiben auch die ausgeklügelsten Leitfadeninterviewsohne kontext und Aussagekraft?
Wenn schon, dann doch bitte beide Seiten der Bilanz betrachten.
Wie gesagt, hier würde ich Tiefe vermissen - neben dem, dass Sie für meinen Geschmack zu viele "Kampfbegriffe" verwenden.
"Neid" zum Beispiel wäre für mich nun - in einem wissenschaftlichen Kontext - keine Kategorie, die ich als Bewertungsmaßstab von Kritik heranziehen würde.
Oder anders ausgedrückt: Bewege ich mich auf wissenschaftlicher Ebene, interessiert mich "Neid" als Forschungsgegenstand, oder als Ausdruck von Gefühlen (wenn er als solcher geäussert wird), ansonsten sind Gefühle ja eher sehr interpretierbar - daher würde ich mich hüten, Reaktionen oder Kritik konkret als Ausdruck von "Neid" (oder dergleichen) zu bezeichnen - hier finde ich bewegen Sie sich auf einer sehr allgemeinen Ebene, die vielleicht mit politischer Auseinandersetzung und dabei entstehenden Zuschreibungsprozessen zu tun hat - wenn mir ein Fachbuch schmackhaftg gemacht werden soll, dann würde ich für meinen Teil eine wissenschaftlichere Ebene auch bei der Beantwortung von Fragen in einem Interview erwarten.