... das es ein US-Schiff gewesen wäre. Dem war aber nicht so. Daher kommt hier der Begriff Konterbande gar nicht in Betracht. Danke dafür, das ich hier noch einmal näher rein schauen konnte.
Ich halte das lange Zitat aufgrund der Geschichtswirkung hin für gerechtfertig.
Das Völkerrecht systematisch dargestellt; Franz von Liszt
11. Auflage 1920
§ 41. Die Rechtssätze des Seekriegsrecht.
III. Feindseligkeiten im Seekrieg. Minen. Flaggenmißbrauch. Beschießung. Kabel. Blockade. Seesperre und Tauchbootkrieg
§ 41 III 6.
Seesperre und Tauchbootkrieg. Seesperre ist die Erklärung des Kriegführenden, daß in dem von ihm näher bezeichneten Gebiet wegen der ausgelegten Minen oder wegen der in dem Gebiet kreuzenden Kriegsschiffe den durchfahrenden Schiffen aller Flaggen die Gefahr des Unterganges drohe (Erklärung als Kriegsgebiet).
Die Anwendung dieses Begriffs auf ausgedehnte Gebiete der offenen See ist das erstemal im Weltkrieg erfolgt. Und zwar hat zuerst England am 3. November 1914 die ganze Nordsee als Kriegsgebiet (military area) erklärt und diese angebliche Repressalie trotz des Widerspruchs der Neutralen aufrecht erhalten. Deutschland erwiderte am 4. Februar 1915 mit der Sperre der sämtlichen Gewässer um England, Schottland und Irland herum. Dann kam am 26. Januar 1917 die englische Sperre der deutschen Bucht, von der Doggerbank bis gegen die holländische und dänische Küste; ihr folgte die deutsche Sperre der Gewässer um die feindlichen Küsten mit Wirkung vom 1. Februar 1917. Dieses Mal häuften sich die lebhaften Proteste der neutralen Mächte.Die völkerrechtliche Zulässigkeit der Seesperre außerhalb des Gebietes, in dem tatsächlich die Ausübung von Feindseligkeiten stattfindet oder unmittelbar bevorsteht, ist zweifelhaft. Den Voraussetzungen der Blockade entspricht sie nicht, da sie auch den Weg zu den neutralen Küsten sperrt. Über die Gefährdung, die die Schifffahrt im Operationsgebiet naturgemäß zu laufen hat, geht sie räumlich weit hinaus. Die Rechtfertigung der neuen Kriegsmaßregel kann aber, abgesehen von ihrer Anwendung als Repressalie, in ihrer Verwandtschaft mit der Minensperre (siehe oben S. 323) gefunden werden. Diese ist gestattet, und zwar ohne räumliche Beschränkung, vorausgesetzt, daß sie rechtzeitig und mit genauer Bezeichnung des gesperrten Gebiets, den Neutralen bekanntgegeben wird (General-Notifikation). Die Schiffe, die dennoch in die Gefahrzone sich begeben, haben, wie die englische Note vom 3. November 1914 hervorhebt, die Folgen selbst zu tragen; den Kriegführenden trifft keine Entschädigungspflicht.
Es kann nun keinen rechtlichen Unterschied machen, wenn die automatisch wirkende Seemine durch Tauchboote ergänzt oder ersetzt wird. Wie die Mine nicht warnt, so bedarf es auch, die Generalnotifikation vorausgesetzt, keiner besonderen Warnung des von dem Tauchboot im Sperrgebiet angegriffenen feindlichen oder neutralen Handelsschiffes. Die Grundsätze des Kreuzerkrieges finden im Sperrgebiet keine Anwendung; wer es befährt, tut es auf eigene Gefahr. Es ist nicht anders, als wenn im Landkrieg ein Kriegsberichtserstatter sich in die Feuerzone begibt.(10)
Fußnote:
10) Scholz, Der Unterseebootkrieg gegen England. 1915. Niemeyer, Das Recht des Unterseebootkrieges. 1915. Alvensleben, Unterseebootskrieg und Völkerrecht. 1916. Frankfurter, U-Bootkrieg und Völkerrecht. 1916 (Auseinandersetzung mit mehreren norwegischen und einem englischen Schriftsteller). Rehm, K. Z. IX 20. Heilborn, K. Z. IX 44. - Über den Lusitania-Fall (Torpedierung am 7. Mai 1915): Die in Note 9 angeführte Denkschrift von 1917, abgedruckt K. Z. IX 133. Meurer, 1915. Steinuth, 1915. Historicus junior, The Lusitania Gase. 1916. Frank, S. 91 (die Opfer "haben den Tod gefunden, weil sie der Zusammenstoß zweier Rechtsanschauungen zermalmt hat"). Der Lusitaniafall im Urteil von deutschen Gelehrten in K. Z. IX 133. - Vom rein juristischen Standpunkte war die Versenkung gerechtfertigt, weil die Lusitania trotz Warnung das Sperrgebiet befahren hat. Ob sie englischer Hilfskreuzer, ob sie bewaffnet war oder nicht, ob sie Munition oder Truppen dem Feinde zuführte oder nicht, ist für die rechtliche Beurteilung gleichgültig.
Es scheint also eine kühl kalkulierte und eingeplante "Katastrophe" gewesen zu sein. Denn man kann natürlich davon ausgehen, das ein britischer Kapitän sich seinerzeit über alle Risiken bewußt gewesen sein mußte. Von daher können Briten und US-Amerikaner nicht behaupten, das ein Passagierschiff in einem Kriegsgebiet durch das Völkerrecht geschützt ist ... geschweige denn, das die Seekriegsrechtsgültige Versenkung eines Schiffes den Kriegseintritt der US-Amerikaner in irgendeinerweise rechtfertigt, bzw. als Grund für den Kriegseintritt genommen werden kann.
Sapere aude.