Warschau und Sofia sind die ersten Opfer eines beginnenden Gas- und Wirtschaftskriegs, dessen Folgen für die Menschen in Europa ebenso wenig abschätzbar sind wie die des, natürlich schwerwiegenderen, russischen Angriffskriegs für die Menschen in der Ukraine.
Aha. Wer sind die ersten Opfer? Nicht etwa die um fast 600 Milliarden "sanktionierten" Russen, nein, das war kein Raub! Bei all den Sanktionen, die WIR in den letzten Monaten verhängt haben, gabs keine Opfer!
Dann ist es ja auch ok, wenn WIR diesen Wirtschaftskrieg gegen Russland angefangen haben, wenn wir also Russland wirtschaftlich angegriffen haben. WIR sind schließlich die Guten(tm)!
Diese Heuchelei, dieses völlige Ausblenden jeglichen Realismus' und jeglicher Realität ist widerwärtig. Ja, dass in der Ukraine gerade ein Krieg stattfindet, passt mir genauso wenig. Aber das ist nicht der erste Krieg in diesem Jahrzehnt, um alle anderen haben wir weitaus weniger Aufriss gemacht- und Libyen ist nicht viel weiter weg als die Ukraine. Während die Toten dieses Krieges in die Zehntausende gehen, gingen sie woanders in die Millionen, und es hat uns nicht interessiert. Wieso zum Henker schreien und geifern wir jetzt so herum? Wieso lügen wir uns die Welt zurecht und tun so, als ob das hier etwas nie Dagewesenes ist? Wieso soll dieser Präsident der größte Verbrecher aller Zeiten sein- wenn man seine Opferzahlen und zerstörten Güter mit denen anderer Präsidenten vergleicht (Präsidenten gibts ja nicht nur in Russland), ist er bestenfalls ein Kleinkrimineller.
Ja, dieser Krieg ist furchtbar. Und ich wünsche mir, dass er schnellstmöglich und mit so wenig Opfern wie irgendwie machbar beendet wird. Aber selbst wenn die Kämpfe in der Ukraine vorbei sind, selbst dann werden wir weder mehr Lohn bekommen noch weniger im Laden bezahlen müssen- es wird kommen wie in jeder Krise: die Reichen werden reicher und die Armen bezahlen die Zeche. Der einzige Unterschied: wir bauen gerade einen Sündenbock auf, der schuld ist wenn die Raffinerien trotz niedriger Ölpreise ihr Benzin weiter zu Wucherpreisen verkaufen, wenn bei uns die Lebensmittelpreise durch die Decke gehen (als ob unsere Kühe weniger Milch geben würden, weils in der Ukraine knallt!), wenn wir plötzlich und ohne jede demokratische Abstimmung hunderte Milliarden in die Rüstung pumpen, die ganz sicher nicht von den Investoren und Anteilseignern bezahlt werden, die gerade ihre Gewinnspannen von hoch auf obszön gesteigert haben... dieser Krieg ist nur ein Vorwand, um uns noch schneller und leichter das Geld aus der Tasche zu ziehen. Und die Gewinner dieses Krieges sitzen nicht in Russland, und die Verlierer dieses Wirtschaftskrieges, den unsere Regierungen angefangen haben, sitzen nicht in der Ukraine. Die Verlierer sind wir.