Häufig wird den Vorgängerregierungen ja der Vorwurf gemacht, dass sie das Land in eine Abhängigkeit zu Russland manövriert haben. Der ist leichter gemacht als dass die Regierungen das einfach so hätten verhindern können, schon alleine auf Grund fehlender hellseherischer Fähigkeiten nicht.
Man muss einfach mal sehen, wie unser System funktioniert - kein Unternehmen wird Gas per LNG einkaufen, wenn es das Gas günstiger aus Russland bekommen kann. Kann es auch gar nicht, denn wenn der CEO entscheidet, ab jetzt freiwillig 30, 40% mehr für Gas zu bezahlen, stehen Finanzamt, Aktionäre, Aufsichtsrat und evtl. die Staatsanwaltschaft ("Untreue") vor der Tür.
Dann muss man sich das Verhältnis Staat/Wirtschaft anschauen. Für die Wirtschaft ist der Staat dazu da, "Standortvorteile" zu sichern, d. h. Zugang zu Rohstoffen, Märkten, Arbeitskräften sowie einen Rechtsrahmen, der vor allem den Interessen der Wirtschaft dient. Eine Regierung, die dem nicht nachkommt, hat die Tendenz zu verschwinden. Dem Staat wiederum dient die Wirtschaft dazu, seine Bürger in Lohn & Brot und damit bei Laune zu halten und um nötige Einnahmen für den Unterhalt den Staates zu generieren.
Konsistent mit dieser Sichtweise ist, dass z. B. die US-Industrie kein sonderlich großes Interesse daran hat, dass jetzt größere Mengen an LNG nach Europa verschickt werden, weil das ja die Preise für die US-Industrie erhöhen würde.
Ob der westliche Machtblock jetzt sonderlich geschickt in Sachen Russlandpolitik agiert hat - nun, die Antwort wird in den Geschichtsbüchern stehen, jedenfalls sofern die Sache nicht völlig entgleitet. Ich sehe derzeit jedoch keinen realistischen Pfad, der dazu führt, dass der Westen in seiner Gesamtheit in Bälde besser dastehen wird als vor dem Beginn des Ukrainekriegs.