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Avatar von Adrian_E
  • Adrian_E

mehr als 1000 Beiträge seit 27.11.2016

Ist der Gaza-Streifen besetzt?

Seit dem Rückzug 2005 ist es schwer, den Gaza-Streifen noch als "besetzt" zu bezeichnen. Es gibt dort keine israelischen Besatzungstruppen, keine Siedler und auch sonst nichts, was zum Begriff "Besetzung" passen würde.

Manchmal behilft man sich damit, dass die Blockade auch etwas Ähnliches wie eine Besatzung sei. Aber einmal ist es keine vollumfängliche Blockade, Israel lässt aus humanitären Gründen durchaus viele Güter passieren. Dann gibt es auch viele andere Grenzen auf der Welt, die nicht so leicht passierbar sind, und es wird dort auch nicht von einer Besatzung gesprochen. Vor allem aber kann die Verantwortung für die Blockade nicht alleine Israel zugeschrieben werden. Die Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten ist nicht unter israelischer Kontrolle. Wenn jemand also kritisiert, dass die an den Gazastreifen angrenzenden Länder die Grenze zu undurchlässig gemacht haben, müsste nicht alleine Israel, sondern es müssten sowohl Israel als auch Ägypten kritisiert werden.

Ich finde es allerdings eher verständlich, dass angesichts der brutalen Angriffe aus dem Gazastreifen nun viele zwar zum Schluss kommen, dass die Blockade zur Herstellung der Sicherheit zwar nicht reichte, aber dass es kaum eine angemessene Antwort darauf wäre, die Hamas noch leichter das, was sie beschaffen will, gemäss ihren Prioritäten einführen zu lassen - das wären eher Waffen als das, was die Bevölkerung von Gaza braucht.

Das Westjordanland ist anders als der Gazastreifen tatsächlich israelisch besetzt, und dort gibt es eine unbefriedigende Situation, dass Siedler, die israelische Bürger sind, rechtlich eine andere Stellung haben als die palästinensische Bevölkerung und gegenüber dieser bevorzugt werden.

Das kann und soll kritisiert werden, und es ist sicher nicht die ideale Lösung für die Zukunft. Aber man muss es auch aus der Perspektive der israelischen Sicherheitsinteressen sehen. Man sieht ja jetzt, wie es auch lange nach dem Rückzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen mörderische Angriffe von dort aus auf Israel gibt. Da ist es wirklich nicht weit hergeholt, die Gefahr zu sehen, dass bei einem Rückzug aus dem Westjordanland, das Gleiche drohen würde, und während wegen der Angriffe einige kleinere Städte wie Aschkelon und Sderot am stärksten bedroht sind, wäre ein Westjordanland unter terroristischer Herrschaft noch für viel größere Teile von Israel eine mörderische Bedrohung.

Die israelische Sicherheitsinteressen ändern natürlich nichts daran, dass auch die palästinensischen Rechte relevant sind, aber es ist absurd, in der aktuellen Situation, wo Jahre nach dem Rückzug aus dem Gazastreifen immer wieder solche mörderische Angriffe auf Israel aus dem Gazastreifen stattfinden, zu erwarten, dass man in Israel erwartet, ein Rückzug aus dem Westjordanland würde Frieden bringen.

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